kopten ohne grenzen

Durch Gebet und Wort für verfolgte Kopten

Immer neue Märtyrer 12. Mai 2011

Filed under: Islamischer Terror,Koptenverfolgung — Knecht Christi @ 12:05

Am Wochenende stürmten Salafisten in Kairo die Kirche des heiligen Mina, richteten ein Blutbad an und steckten drei koptische Kirchen in Brand.     
Am Wochenende kam es in Ägyptens Hauptstadt zu neuen Gewaltexzessen sunnitisch-radikaler Salafisten gegen koptische Kirchen


Am frühen Sonntagmorgen meldete sich Anba Damian, der Bischof der Koptisch-Orthodoxen Kirche in Deutschland, mit einer Mail, die von Schock, Wut und Trauer gezeichnet war: „Es ist 6.30 Uhr am Sonntag, zweiter Sonntag nach dem Auferstehungsfest. Wir wollten gern beten. Jedoch haben wir uns mit den Leiden unserer Mitchristen in Ägypten beschäftigt. Wir haben keine Nachtruhe gehabt. Das Herz blutet. Wir leiden mit ihnen. Wir fühlen uns hilflos. Vom Jammern sind wir erschöpft. Wir sind gekränkt. Das Schweigen der Gerechtigkeit der Menschen vertieft unsere Wunden. Das Wegschauen der Nationen macht uns traurig. Zum Glück ist jedoch der gerechte, mächtige Gott gegenwärtig. Er ist Hoffnung der Hoffnungslosen und Trost für die Trostbedürftigen. Auf ihn vertrauen wir.“

 

Nach den Bischof Damian zugegangenen Informationen hatte am Samstagnachmittag ein Muslim in Kairo behauptet, dass seine junge Frau, eine ehemalige Christin, in der koptischen Kirche des heiligen Mina im Kairoer Stadtteil Imbaba festgehalten und zur Rückkehr zum Christentum gezwungen werde. Daraufhin hätten mehrere Muslime die Durchsuchung der Kirche gefordert, was koptische Jugendliche jedoch ablehnten. So sei es zu einer Konfrontation zwischen bewaffneten Muslimen und unbewaffneten Christen gekommen. Die Armee sei gegen 22 Uhr erschienen, während die Rettungskräfte auf Distanz blieben, weil in ihre Richtung geschossen wurde. In Anwesenheit der Armee seien zwei Kirchen und mehrere koptische Wohnhäuser in Brand gesetzt worden. Um drei Uhr nachts ging eine dritte Kirche in Flammen auf.

 

Mit eiserner Hand für die nationale Sicherheit: Nach Berichten arabischer Medien sollen mindestens zwölf Menschen getötet und 230 verletzt worden sein. Unter den Toten sind auch Muslime, die beim Löschen der Kirche helfen wollten. Das Militär habe die Gegend abgeriegelt und knapp 200 Menschen verhaftet. Sie sollen nun vor ein Militärgericht gestellt werde. Ägyptens amtierender Ministerpräsident Essam Scharaf verschob eine Auslandsreise in die Golf-Staaten, wo er Kredite für Ägypten werben wollte. Justizminister Abdel Aziz el-Gindi kündigte nach einer Krisensitzung der Regierung am Sonntag an, man wolle gegen jeden, der die nationale Sicherheit gefährde, „mit eiserner Hand zuschlagen“. Die Gesetze, die Angriffe auf die Glaubensfreiheit und auf Orte des Gottesdienstes unter Strafe stellen, wolle man auch anwenden.

 

Die Kopten werden solchen Beteuerungen wenig Glauben schenken, denn Anschläge auf koptische Kirchen wurden in der Vergangenheit fast nie juristisch verfolgt. Nach dem Sturz Mubaraks hatte auch der regierende Oberste Militärrat „exemplarische Strafen“ angekündigt, auf die die Kopten bisher jedoch vergebens warten. Westliche Nachrichtenagenturen berichteten am Sonntag verharmlosend von „schweren Krawallen zwischen koptischen Christen und Muslimen in Kairo“, so als seien Fußball-Hooligans aneinandergeraten. Diese scheinbar neutrale Darstellung verschleiert nicht nur den Hergang, nämlich dass mehrere hundert, vielleicht sogar tausende Salafisten die Kirche St. Mina mit Schusswaffen und Molotow-Cocktailsstürmten. Die Rede von Krawallen und Zusammenstößen verstellt auch den Blick auf die Ursachen und Motive der Angreifer.

 

Ein junger koptischer Intellektueller in Kairo (Name und Funktion sind der Redaktion bekannt, bleiben aber aus Sicherheitsgründen ungenannt) schildert am Sonntagabend die Hintergründe gegenüber der „Tagespost“ so: „Zwei Tage zuvor wurde der ehemalige Innenminister, Habib el Adly, zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Das ist eindeutig nicht im Interesse Saudi-Arabiens, da Saudi-Arabien, aber auch andere Golf-Staaten gegen eine Verurteilung des Mubarak-Regimes und somit gegen den Erfolg der Revolution sind. Ich sehe den Anschlag als Teil der Gegenrevolution.“

 

Für diese These spricht, dass es sich bei den Angreifern laut Augenzeugenberichten um Salafisten handelte, also um jene radikale, von den Muslimbrüdern unterschiedene Strömung, die von Saudi-Arabien finanziert und wohl auch gesteuert wird. Vor der Revolution schienen diese sunnitischen Extremisten in Ägypten völlig bedeutungslos zu sein, doch nun agieren sie öffentlich und mit Vehemenz, auch gegen gemäßigte islamische Strömungen wie den Sufismus. Nicht die Muslimbruderschaft, sondern nur die Salafisten seien wirklich gegen die Präsenz der Christen in Ägypten, meinte Andreas Jacobs, der Repräsentant der „Konrad-Adenauer-Stiftung“ in Kairo vor wenigen Wochen im Gespräch mit dieser Zeitung.

 

Die Salafisten waren es auch, die vor wenigen Tagen die Zugverbindung durchs Niltal blockierten, um die Ablösung eines koptischen Gouverneurs in Oberägypten zu erzwingen. In der Vorwoche verriegelten sie den Zugang zum koptischen Patriarchat und damit zur koptischen Kathedrale im Kairoer Stadtteil Abbasiya.

 

Die exil-koptische Internetseite „Koptisch-Wordpress“ zitiert nun einen Priester der gestürmten und niedergebrannten Sankt-Mina-Kirche, der einen seiner Wachleute ermordet und verkohlt vorfand: „Wenn Sie mich nach dem Grund dieser Schandtaten fragen, sage ich einfach, dass es keinen gibt. Das ist ein Haufen Terroristen und Kriminelle, die sich im Land behaupten und Macht ausüben wollen. Wir Kopten sind der Fußabtreter und die Hilflosen. An uns lassen sie ihre Kriminalität aus und schlagen uns.“ Dennoch ist der Priester überzeugt: „Sie sind die wahren Verlierer. Unsere Verluste sind materiell und seelisch, aber sie verloren alles: die ganze Welt verabscheut sie, außer Saudi-Arabien. Sie haben den Islam gebrandmarkt.“

 

Das Schema der Eskalation ist in Ägypten mittlerweile bekannt: Wenn Salafisten Gerüchte streuen, eine zum Islam übergetretene Christin werde von Kopten gefangen gehalten und unter Druck gesetzt, können sie sicher sein, wütende muslimische Massen zu mobilisieren. Zu trauriger Berühmtheit kam der Fall der Frau eines koptisch-orthodoxen Priesters, die angeblich zum Islam übertrat und daraufhin von Kopten entführt worden sein soll. Obwohl diese Frau in Fernsehinterviews und vor den Behörden mehrfach versicherte, immer Christin gewesen zu sein, wollen die gegenteiligen Gerüchte nicht verstummen.

 

Manche in Kairo vermuten hinter den Anschlägen vom Wochenende nun einen Racheakt radikaler Muslime für die Ermordung Osama Bin Ladens. Im schlichten Weltbild mancher Fanatiker sind die Vereinigten Staaten von Amerika eine christliche Macht, die den Islam bekämpfe. Dennoch demonstrierten am Sonntag in Kairo Christen und Muslime gemeinsam vor der US-Botschaft nahe dem legendären Tahrir-Platz. Sie forderten, mit dem amerikanischen Botschafter über die Diskriminierung der Christen in Ägypten zu sprechen. Der Anschlag vom Wochenende wurde von den Muslimbrüdern, denen die Salafisten aktuell Konkurrenz machen, öffentlich verurteilt und als Aktion von Konterrevolutionären dargestellt.

 

„Wir sind die Söhne von Märtyrern“: Die vom Evangelisten Markus gegründete koptische Kirche versteht sich seit jeher als Kirche der Märtyrer. Die Zeitrechnung des koptischen Kalenders beginnt sogar mit der Christenverfolgung unter dem römischen Kaiser Diokletian. „Wann wurde die Kirche eigentlich nicht verfolgt?“, hatte der koptisch-orthodoxe Priester und Theologe Benjamin Morgan vor einem Monat im Gespräch mit dieser Zeitung gefragt („Die Tagespost“ berichtete am 14. April). Lächelnd hatte er gemeint: „Wenn wir verfolgt werden, dann wissen wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind!“

 

Immer wieder wird die koptische Kirche durch tragische Ereignisse darin bestätigt, eine Märtyrerkirche zu sein. „Die Tagespost“ hatte vor wenigen Wochen im Koptischen Patriarchat in Kairo die Gelegenheit zu einem Exklusiv-Interview mit dem Erzdiakon des koptischen Papstes Schenouda III., Professor Ibrahim Ayad. Auf die Frage, woher die Glaubenskraft der Kopten in Ägypten, gerade auch der koptischen Jugend, rühre, meinte Ayad: „Wir sind die Söhne von Märtyrern. Das Christentum kommt immer in schwierigen Zeiten zum Vorschein. Die einfachen Menschen in Oberägypten, die einfaches Essen essen und einfache Kleidung tragen, die haben nur Gott. Er wird uns wohl akzeptieren. Wenn die Menschen reich sind, verlassen sie sich auf den Reichtum. Dann arbeiten und genießen die Menschen, aber sie vergessen Gott, weil sie ihrem Reichtum vertrauen. Ich denke, immer wenn es schwieriger wird für das Christentum, dann beten wir umso mehr, dass Gott uns beschütze und uns seine Hand reiche. In Ägypten sind wir glücklich, denn in jeder Not spüren wir Gott umso stärker.“ Diese Not ist derzeit wieder einmal groß.

 

{Quelle: www.die-tagespost.de – VON STEPHAN BAIER}

 

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