Wir Christen hier in Österreich oder Deutschland gehen jeden Sonntag, wenn wir es überhaupt noch tun, in die Kirche und halten wie selbstverständlich unsere Sonntagsmesse oder unseren Sonntagsgottesdienst ab.
Dabei vergessen 90% der Christen hier, dass ihre Glaubensgeschwister in Syrien und Irak ihre Kirche verloren haben, ihre Gemeinden verloren haben, ihre inneren Bezugspunkte innerhalb und zur Gemeinde, in der sie wohnen verloren haben, ja, sogar ihre Familien und Freunde zum Teil verloren haben durch die tollwütende islamistische Terrortruppe des IS. Aber auch in Nigeria, in dem Land, in dem Boko Haram sich gerade wieder als Herr über Leben und Tod bewiesen hat und sich zum Kalifat erklärt und sich somit IS angeschlossen hat, existieren ähnliche Verhältnisse in Nordnigeria oder aber an der Grenze zu Südnigeria.
Wir in unseren Landen sind es gewohnt und halten es für eine Selbstverständlichkeit mitten im Dorf oder mitten in den Städten Kirchen zu sehen, die die anderen Häuser an Größer überragen. Für uns ist offensichtlich zu viel selbstverständlich, so dass wir es auch nicht mehr als Besonderheit erleben und fühlen können.
In einer Besprechung der innerchristlich ökumenischen Art kamen mehrere Geistliche zusammen, unter anderem katholische, evangelische, freikirchliche und ein syrisch-orthodoxer Priester. Dieser erzählte in dieser Runde von dem allgemeinen Leid der Christen in Syrien, die er auch durch seine Familie, die noch teilweise in Syrien wohnt, erfuhr. Im Laufe des Gesprächs schlug ein Priester aus unseren Breiten vor, so wie es üblich ist, Partnergemeinden zu den Gemeinden im Irak oder Syrien zu bilden, worauf der syrisch-orthodoxe Priester erwiderte, mit welchen Gemeinden im Irak er das denn bewerkstelligen wolle, da es dort doch keine funktionierende Gemeinde mehr gäbe. Ausradiert, nicht mehr existent, nicht mehr vorhanden. An diese Konsequenzen aus dem Munde eines Geistlichen, der solche Dinge aus erster Hand erzählte, müssen sich unsere Geistlichen hier erst noch gewöhnen. Das totale AUS für christliche Gemeinden in Mossul nach 2 000-jähriger Geschichte ist noch gar nicht richtig im Bewusstsein der hiesigen Christen eingedrungen.
Warum dieser Bericht?
Er wurde anlässlich eines Gebetstages aller christlichen Kirchen im Raume einer Stadt in Westfalen im Rahmen einer Predigt berichtet. Selbst in diesen Kreisen war man offensichtlich erstaunt über die Bedrängnis, die Not und das Grauen, welches Christen z. B. ganz aktuell im Irak durchmachen müssen.
Wir Christen, die wir uns diese Not nicht im Entferntesten vorstellen können, müssten uns, wenn wir in dieser Situation wären, auch fragen: Wie weit wollen wir uns zu JESUS bekennen? Wollen wir wie die Diebe in der Nacht zum Gottesdienst schleichen, weil es in vielen islamischen Ländern und anderen kommunistischen Ländern wie Nordkorea nicht möglich ist, offen eine Kirche zu besuchen, um mit CHRISTUS dessen Kreuzesopfer für zu feiern, das „Vater unser“ zu sprechen, gemeinsam zu singen und zu beten? Laut wäre da ja mancherorts in Nordkorea oder in Saudi Arabien ohnehin nicht zu bewerkstelligen. Wir können uns hier keinen Gottesdienst vorstellen, in dem nicht laut gesungen, frank und frei gepredigt werden darf und wir uns an den Folgen echter Religionsfreiheit, einem Grundmenschenrecht, erfreuen dürfen. Das alles muss erst in das Bewusstsein von uns Christen gelangen. Allein die Tatsachen sind verstörend genug.
Ja, es ist leicht, Christen zu sagen, dass sie dort ausharren sollen!
Wie denn, ohne Arbeit, ohne Nahrung, ohne das Notwendigste. Will hier jemand mit diesen Christen tauschen? Wir glauben das nicht. Und das kommt sehr deutlich auch in diesem Bericht rüber, zu Recht. Anlässlich dieser Thematik verlinken wird eine aktuelle Situationsdarstellung aus dem Irak von open doors Deutschland. Ja, es ist leicht, Christen zu sagen, dass sie dort ausharren sollen! Wie denn, ohne Arbeit, ohne Nahrung, ohne das Notwendigste. Will hier jemand mit diesen Christen tauschen? Wir glauben das nicht. Und das kommt sehr deutlich auch in diesem Bericht rüber, völlig zu Recht:
https://www.opendoors.de/verfolgung/news/2014/november/irakische_fluechtlinge_ringen_um_perspektive/
„Nehmt ihr doch unseren Platz ein„!
Geflohene Christen im Irak ringen um eine Zukunftsperspektive
(Open Doors) – „Wir hören viele Ausländer sagen: ‚Der Nahe Osten braucht Christen!‘ Sollen wir hier ausharren, bis der letzte christliche Blutstropfen vergossen ist?“ Vater Douglas kümmert sich um viele hundert christliche Flüchtlingsfamilien in Erbil. Er sieht den Winter bedrohlich herannahen und besucht täglich die Zeltstädte und Notunterkünfte. Der Priester ist ein Mann klarer Worte. Eindrücke eines Besuches in der kurdischen Zufluchtsstadt.
„Gott möchte uns hier haben„
Im Zentrum von Erbil, nahe der historischen Zitadelle, steht der Rohbau eines Einkaufszentrums. Hier wohnen in den oberen Etagen 350 Familien von Binnenflüchtlingen. 80% von ihnen sind Christen. Rajih stellt sich als Leiter der Gruppe vor und schildert seine größte Hoffnung: „Es gibt nur eine einzige schnelle Lösung: Holt uns hier raus“. Ähnlich sieht es Priester Douglas, der seine Emotionen nur mühsam unterdrücken kann: „Manche betrachten die Christen als Helden, die im Nahen Osten ausharren. Ich würde sagen, wenn es so wichtig ist, dass hier Christen wohnen: Dann kommt doch und nehmt ihr unseren Platz ein“!
Nasir, ein junger Familienvater, ist anderer Meinung: „Gott möchte uns hier haben, wir werden bleiben.“ Aber auch er kennt viele Familien, die für sich und ihre Kinder in ihrem Land keine Zukunft mehr sehen. Jala ist Anfang August aus der Stadt Karakosch geflohen. Die junge Christin beschreibt ihren Alltag: „Wir haben zuerst in Zelten gelebt, dann in einem Rohbau. Jetzt gäbe es eine Wohnung in einem Dorf nahe Erbil. Aber es ist zu teuer für uns, denn wir sind alle arbeitslos.“ Andere ergänzen: „Wir können nicht in den Kurdengebieten leben. Um hier zu arbeiten, müssten wir kurdisch sprechen, aber wir sprechen arabisch. Und die Mieten sind kaum zu bezahlen“.
Rückkehr nach Hause kaum denkbar
Rajih denkt an sein „altes Leben“ vor dem Krieg: „In Karakosch hatte ich ein sehr gutes Leben. Ich war reich, aber als wir fliehen musste, löste sich alles in Luft auf.“ Mit dem, was ihm geblieben ist, versucht er jetzt die Not der Flüchtlinge zu lindern. „Früher drehte sich mein ganzes Leben darum, Geld zu verdienen – von Gott war ich ziemlich weit weg. Jetzt verstehe ich, dass man den Glauben in die Tat umsetzen muss. Dieser Vers spornt mich an: ‚Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben'“. Und was ist mit einer Rückkehr nach Hause? Vater Douglas gibt einen düsteren Ausblick: „In den ersten Tagen und Wochen dachten die Menschen hier immer wieder zurück an ihr ‚Zuhause‘. Aber jetzt, nach drei Monaten, ist dieses Gefühl verschwunden. Sie wissen, dass ihre Häuser geplündert worden sind – und das nicht etwa durch den IS. Welcher Kämpfer schleppt einen Fernseher mit an die Front? Das haben die Menschen getan, mit denen sie früher zusammengelebt haben, ihre Nachbarn und andere Dorfbewohner. Alles Vertrauen ist dahin, die Gemeinschaften sind von innen her zerstört“.