Der Muslimbruder Mursi dürfte Ägyptens neuer Präsident werden.
Muslimbrüder und USA fürchten Militärputsch
Doch der Militärrat hält an der Macht fest
und schreibt die Verfassung um – ohne das Volk.
Nach einer dramatischen politischen Woche in Ägypten hat Mohammed Mursi offenbar die Stichwahl um das Präsidentenamt knapp für sich entscheiden können. Der Kandidat der Muslimbrüder erzielte nach übereinstimmenden inoffiziellen Zählungen der Zeitungen Al-Ahram und Al-Masry al-Youm sowie nach Angaben des Staatsfernsehens einen hauchdünnen Vorsprung von gut 51 Prozent gegenüber seinem Mitbewerber, dem Ex-General und letzten Premierminister unter Hosni Mubarak, Ahmed Schafik. Dessen Wahlkampfmanager jedoch bestritt die Meldungen und nannte sie „bizarr und voreilig“. Mit Mursi käme zum ersten Mal in der Geschichte Ägyptens ein Muslimbruder in das höchste Staatsamt. Das offizielle amtliche Endergebnis soll erst am Donnerstag bekannt gegeben werden. Formell will der Militärrat dann die Macht Ende des Monats in einer großen Zeremonie an den neuen Präsidenten abtreten. Tags zuvor allerdings hatte der Oberste Militärrat durch sieben Änderungen an der bestehenden Rumpfverfassung, die im März 2011 vom Volk per Referendum gebilligt worden war, die Machtbefugnisse des neuen Präsidenten stark beschnitten und sich selbst nahezu unbeschränkte Vollmachten bescheinigt. Diese neuen Zusatzartikel jedoch sollen diesmal nicht dem Volk vorgelegt werden, sondern treten ohne jede demokratische Legitimation in Kraft. „Das Militär überträgt die Macht an das Militär„, titelte Al-Masry al-Youm, und die Zeitung Al-Shorouk schrieb: „Ein Präsident ohne Macht“. Der inoffizielle Sieger Mursi gab sich trotz dieser Provokationen zunächst versöhnlich und erklärte, er suche keine Rache und werde jetzt keine Rechnungen begleichen. Ihm gehe es vielmehr darum, „einen zivilen, demokratischen, modernen und verfassungsmäßigen Staat“ aufzubauen.
Revolutionäre sprechen von Staatsstreich
Andere Vertreter der Muslimbruderschaft jedoch, wie Parlamentspräsident Saad al-Katatni, nannten die jüngsten Verfassungsdekrete „null und nichtig sowie verfassungswidrig“. Der liberale Abgeordnete Amr Hamzawy erklärte, der Oberste Militärrat mache sich zu einem Staat über dem Staat „mit breiten legislativen und exekutiven Vollmachten, einem Vetorecht in Verfassungsfragen – immun gegen jegliche Kontrolle“. Ägypten trete jetzt in eine weitere Übergangsphase ein, „die viel gefährlicher ist, als was wir bisher erlebt haben“, twitterte Hamzawy. Er rief die Bevölkerung auf, „dieser gefährlichen Entwicklung mit allen friedlichen Mitteln entgegenzutreten“. Die „Koalition der Revolutionären Jugend“, ein Zusammenschluss von Gruppen der Demokratiebewegung, sprach von einem „verfassungswidrigen Staatsstreich“, mit dem sich der Militärrat selbst eine „beispiellose Macht“ verliehen habe. Friedensnobelpreisträger Mohamed ElBaradei beklagte einen „schweren Rückschlag für die Demokratie und die Revolution“. Durch die jetzt abgeänderte und erweiterte Verfassungserklärung fällt nicht nur die gesamte Gesetzgebungskompetenz des aufgelösten Parlaments an den Militärrat. Die Generäle reservieren sich auch das Recht, die neue verfassungsgebende Versammlung per Dekret zu bestimmen sowie einzelne Verfassungsartikel per Veto zu blockieren, wenn sie „den höchsten Interessen des Landes widersprechen“.
Kein Einblick in Wirtschaftsimperium der Offiziere
Gleichzeitig legte der Militärrat fest, dass die zivilen Instanzen in allen Fragen der Armee kein Mitspracherecht haben und die Generäle allein den Staatshaushalt kontrollieren. Dadurch soll verhindert werden, dass Abgeordnete künftig Einblick fordern in das Wirtschaftsimperium der Offiziere sowie die Profite der militäreigenen Unternehmen. Derweil erklärte Fraktionschef Hussein Ibrahim der „Partei für Freiheit und Gerechtigkeit“, dem politischen Arm der Muslimbruderschaft, die Mandatsträger würden die Auflösung der Volksvertretung nicht anerkennen und wie gewohnt am Dienstag im Plenum zusammenkommen. Die Anordnung des Verfassungsgerichts müsse der Bevölkerung für ein Referendum vorgelegt werden, erklärte Ibrahim, denn laut Übergangsverfassung habe nicht der Militärrat, sondern nur das Volk das Recht, das Parlament per Referendum aufzulösen. Seit Freitagabend jedoch ist die Kammer auf Anordnung des Militärrates versiegelt. Die Wachsoldaten haben Anweisung, keinen der Abgeordneten in das Innere des Gebäudes zu lassen.
Schafik punktete vor allem in den Städten
Im Wahlkampf hatte sich der Ex-General und langjährige Mubarak-Freund Schafik präsentiert als Garant von Sicherheit und Ordnung, als Bollwerk gegen den Islamismus und als ein Mann, der Dinge geregelt bekommt – eine Botschaft, die vor allem bei den Wählern in den Städten und im dicht besiedelten Nildelta gut ankam. Muslimbruder Mursi dagegen empfahl sich als einziger verbliebener Schutzpatron der Revolution und frommer Islamist. Seine Präsidentschaft werde basieren auf dem Islam, gleichzeitig aber wolle er alle Kräfte der Gesellschaft mit einbeziehen und die individuellen Freiheitsrechte der Menschen garantieren, erklärte der promovierte Bauingenieur, der vor allem in den ländlichen Regionen und im konservativeren Oberägypten vorn lag. {Quelle: www.zeit.de}
Wahlchaos in Ägypten
Muslimbrüder und USA fürchten Militärputsch
Mit den Präsidentschaftswahlen wollte Ägypten die ersten Schritte in Richtung Demokratie wagen.
Doch nun stehen die einstigen Revolutionäre vor einem Trümmerhaufen.
Muslimbrüder und die USA fürchten einen Putsch des Militärs.
Nach den umstrittenen Urteilen des ägyptischen Verfassungsgerichts haben die USA vor einer Gefährdung des Demokratisierungsprozesses gewarnt. US-Außenministerin Hillary Clinton rief den regierenden Militärrat am Donnerstag (Ortszeit) dazu auf, seine Zusagen einzuhalten. „Es kann keine Rücknahme des demokratischen Übergangs geben, den das ägyptische Volk einfordert“, sagte Clinton vor Journalisten. „Wir erwarten eine vollständige Machtübergabe an eine demokratisch gewählte zivile Regierung“. Eine unmittelbare Stellungnahme zu den Entscheidungen des ägyptischen Verfassungsgerichts wollte Clinton nicht abgeben.
Schafik zur Wahl zugelassen: Das Gericht hatte zuvor den letzten von Ex-Machthaber Husni Mubarak eingesetzten Regierungschef Ahmed Schafik als Kandidaten für das Präsidentenamt zugelassen. Damit kann Schafik am Wochenende gegen den Kandidaten der im Parlament dominierenden Muslimbrüder, Mohamed Mursi, antreten. Ein Gesetz, das ehemaligen Top-Funktionären aus der Zeit des früheren Präsidenten Husni Mubarak die Teilnahme am politischen Leben untersagt, sei verfassungswidrig. Zudem wurde die Wahl des Parlaments für ungültig erklärt. Die Richter erklärten, das Unterhaus des Parlaments habe seine Legalität verloren, da ein Drittel der Sitze nicht verfassungsgemäß bestimmt worden sei. Ein Teil des Wahlgesetzes, das auch Parteimitgliedern die Kandidatur für Sitze unabhängiger Kandidaten erlaubt hatte, sei verfassungswidrig.
Krisensitzung des Militärrats: Die Urteile weckten Befürchtungen, es könnte zu einem Staatstreich des Militärs kommen, das nach dem Abgang Mubaraks vor mehr als einem Jahr die Herrschaft übernommen hat. Der Militärrat hat zugesagt, am 1. Juli die Macht an den neuen Präsidenten abzugeben. Der Oberste Militärrat kam nach der Entscheidung zu einer Krisensitzung zusammen, um die Lage zu beraten. Vor dem Verfassungsgericht in Kairo kam es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und sogenannten jungen „Revolutionären“. Auf dem Tahrir-Platz in Kairo versammelten sich Demonstranten, um gegen die Entscheidung zu protestieren.
Muslimbrüder warnen vor „großer Revolution“: Der Präsidentschaftskandidat der Muslimbrüder, Morsi, warnte, ein unehrliches Spiel bei der Wahl würde zu einer „großen Revolution“ führen. Die Entscheidungen des Verfassungsgerichts zeigten, dass manche „Böses gegen das Volk“ im Schilde führten. Der Islamist Abdul Moneim Abul Futuh, der in der ersten Runde der Präsidentschaftswahl ausgeschieden war, kritisierte, dass Schafik nicht ausgeschlossen und stattdessen die Parlamentswahl für ungültig erklärt wurde. Dies sei ein „Putsch“, vor allem, da das Militär zuvor beschlossen habe, der Militärpolizei zu erlauben, Zivilisten festzunehmen. Schafik begrüßte das Urteil das Gerichtes dagegen. Er bezeichnete es als „historisch“. „Panikmache kann keine Ergebnisse garantieren“, sagte er. {Quelle: www.focus.de}
Besser ein Mubarak2.0 als noch mehr Islam
Zwischen Pest und Cholera, wähle ich dann doch lieber die Cholera
Carsten–ist bereits heilbar—lol—-