Dossier Blasphemiegesetze
Mit Anti-Diffamierungsgesetzen wollen Regierungen die in ihrem Land geltende Staatsreligion bzw. die Religion der Mehrheitsgesellschaft vor jeglicher Kritik schützen. Doch in hohem Maß drangsalieren diese Blasphemiegesetze die dort lebenden Christen. Glaubensdiskussionen zwischen Muslimen und Christen endeten für nicht wenige Christen schon im Gefängnis. Ihren Kindern bringen Christen bei, besser nicht öffentlich über Jesus oder die Bibel zu sprechen. Ein falsches Wort und sie werden der hetzerischen Blasphemie beschuldigt. Und auch Christen muslimischer Herkunft leben aufgrund ihrer Konversion gefährlich. Blasphemiegesetze öffnen der Willkür gegen Christen, aber auch gegen andere religiöse Minderheiten Tür und Tor.
Informationen über staatliche Gesetze gegen Blasphemie in Ägypten
Stand: Mai 2011
Einleitung: Immer wieder bereiten Gesetze, die faktisch ausschließlich dem Schutz des Islam dienen, in verschiedenen Ländern Christen und christlichen Gemeinden Probleme. Insbesondere die sogenannten Blasphemiegesetze werden in mehreren Ländern dazu genutzt, die christliche Minderheit mit rechtlichen Mitteln zu unterdrücken. Nachfolgend werden Hintergründe und Auswirkungen dieser Gesetze bzw. Verordnungen in Ägypten dargestellt. Am Ende stehen Empfehlungen von Open Doors für politisches und zivilgesellschaftliches Handeln. Das Land steht seit Jahren auf dem Weltverfolgungsindex des christlichen überkonfessionellen Hilfswerk für verfolgte Christen Open Doors. Diese jährlich erscheinende Rangliste zeigt an, in welchen Ländern Christen am stärksten verfolgt werden. Die ausführliche Liste finden Sie unter: www.opendoors-de.org
Ägypten – Weltverfolgungsindex Platz 16
Dass sich der politische Wind im nordafrikanischen Ägypten gedreht hat, wird voraussichtlich bleibende Spuren in der Geschichte hinterlassen. Ebenso wahrscheinlich ist aber auch, dass die Gesetze gegen die Diffamierung des Islam genauso unverändert bleiben werden wie ein Granitblock im Sandsturm. Denn während die Ägypter aufgrund der begonnenen Revolution weiterhin um Freiheiten ringen, die in anderen Teilen der Welt längst normal sind, gibt es bisher keine Anzeichen für die Überarbeitung bestehender Gesetze, die ausschließlich dem Schutz des Islam dienen. So heißt es etwa in Artikel 98 f des ägyptischen Strafgesetzbuches, der unter dem Stichwort „Verachtung von Religionen“ bekannt ist: „Wer Religionen zur Förderung extremistischer Ideologien ausnutzt, sei es durch Mundpropaganda, schriftliche oder andere Mittel, und dabei andere in volksverhetzender Weise zur Geringschätzung oder Verachtung einer göttlichen Religion oder ihrer Anhänger aufruft, oder die nationale Einheit schädigt, wird mit einer Haftstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren oder der Zahlung einer Geldbuße von wenigstens 500 ägyptischen Pfund (rund 60 Euro) bestraft.“
In der Theorie dient das Gesetz dazu, die Kränkung religiöser Gefühle anderer zu verhindern und gegebenenfalls zu bestrafen. In der Praxis dient es nach Angaben von Menschenrechtsanwälten und Dissidentengruppen dazu, die Redefreiheit einzuschränken und diejenigen zu bestrafen, die nicht der üblichen, orthodoxen Version des sunnitischen Islam folgen. Paul Marshall, ein Experte für Fragen der Religionsfreiheit am Hudson Institute, einem 1961 gegründeten Think Tank zu Fragen der globalen Sicherheit und Freiheit mit Sitz in New York, sagt: „In Ägypten sind die Dinge momentan im Fluss, da aber diese Fragen von derartiger Brisanz sind, nehme ich nicht an, dass sich selbst unter einer neuen Regierung irgendetwas ändern wird.“ Seinem Wortlaut nach ist Artikel 98 f selbstverständlich kein Blasphemiegesetz im herkömmlichen Sinn, wird allerdings genauso angewendet. Dieses Vorgehen findet man in vielen Ländern der islamischen Welt.
Beispiele aus der Praxis
Ashraf Thabet (45), ein Importkaufmann aus Port Said, weiß nur zu gut, wie leicht man wegen angeblicher Blasphemie angeklagt werden kann. Er war ein gläubiger Muslim, der nach einer persönlichen wirtschaftlichen Krise und dem Scheitern seines Geschäfts den Islam hinterfragte. Am Ende nahm er den christlichen Glauben an. Als er seinen inneren Kampf und die daraus resultierende Konversion anderen gegenüber erklären wollte, fand er sich plötzlich in einem Kampf mit der Staatssicherheitsbehörde SSI wieder, den er nicht gewinnen konnte. Am frühen Morgen des 22. März 2010 wurde Thabet verhaftet. Agenten des SSI traten die Tür seiner Wohnung ein, wurden ihm gegenüber vor den Augen seiner Familie handgreiflich und schleppten ihn ins Gefängnis. Dort musste er, eines Verbrechens gemäß Artikel 98 f beschuldigt, 132 Tage in Einzelhaft verbringen, ohne vor Gericht gestellt zu werden. Seiner Meinung nach ließ der SSI seinen Fall bewusst offen, um ihn zu schikanieren und unter Druck zu setzen, zum Islam zurückzukehren. Sein immer noch ungelöster Fall ist typisch für die Art, in der das Gesetz benutzt wird, um jemanden zu bestrafen, und zwar nicht für die Beleidigung einer Religion, sondern für die Wahl eines nicht vom Staat akzeptierten geistlichen Weges. Dies ist auch unter dem Stichwort „Statusverbrechen“ bekannt: Jemand wird nicht für etwas, was er tut, sondern für das, was er geworden ist, bestraft. In den meisten Ländern gibt es bereits seit langer Zeit keine Statusverbrechen wie Landstreicherein oder Homosexualität mehr, da es zunehmend als falsch empfunden wird, Menschen für etwas zu bestrafen, was sie sind.
Auffällig ist, dass bisher niemals Konvertiten vom Christentum zum Islam wegen eines Verstoßes gegen Artikel 98 f angeklagt wurden. Doch nicht nur Christen sind durch dieses Gesetz bedroht. Auch Anhänger der Baha`i, schiitische Muslime und andere nicht-sunnitische islamische Gruppen werden mit Diffamierungsklagen überzogen. Auch die bloße Äußerung einer abweichenden Meinung kann zu einer Anklage führen. Dies mussten unter anderem Journalisten, Blogger, Anwälte, Professoren sowie andere Intellektuelle – darunter ein berühmter ägyptischer Dichter sowie der Nobelpreisträger Naguib Machfus – erfahren. Sie hatten nicht den Islam oder eine andere Tradition beleidigt, sondern einfach unorthodoxe Ideen geäußert. Der vermutlich berühmteste Diffamierungsfall gegen einen ägyptischen Muslim war der des sunnitischen Islamgelehrten Nasr Hamed Abu Zaid. Er beschäftigte sich mit der Interpretation des Korans unter Berücksichtigung des geschichtlichen Umfelds. Gelehrte der in der islamischen Welt bedeutenden Al-Azhar Universität in Kairo (Foto) beschuldigten ihn der Diffamierung des Islam, woraufhin gerichtlich festgestellt wurde, dass er ein Abgefallener (Apostat) sei. Da ein Nichtmuslim nach islamischem Gesetz nicht mit einer Muslima verheiratet sein darf, leitete ein Gericht die Annullierung seiner Ehe ein. 1995 floh Abu Zaid gemeinsam mit seiner Frau in die Niederlande. Später kehrte er nach Ägypten zurück, wo er 2010 an einer Krankheit verstarb.
Azza Taher Matar vom Arabischen Netzwerk für Menschenrechtsinformationen spricht davon, dass Muslime üblicherweise deshalb der Blasphemie angeklagt werden, weil sie eine abweichende Meinung vertreten. Sie sagt: „Häufig geht es um Debatten wegen des Islam, um geschichtliche Fragen und um Streitfragen wegen des Arabischen Reiches. Diese Konflikte schaukeln sich hoch und werden dann meist auf politischem Wege gelöst.“ Menschenrechtsaktivisten zufolge ist es nahezu unmöglich festzustellen, wie viele Menschen wegen der Diffamierungsgesetze angeklagt werden. Zwar seien derartige Anklagen nicht weit verbreitet, aber auch keinesfalls unüblich. Ungleiche Durchsetzung Neben allen bisher genannten Kritikpunkten ist besonders problematisch, dass das Gesetz nicht gegen alle gleich durchgesetzt wird, sondern ganz offensichtlich die Empfindlichkeiten der Mehrheit geschützt werden sollen und nicht – wie es üblich ist – der schützenswerten Minderheit besondere Aufmerksamkeit geschenkt wird. Auf diese Weise ist es der Mehrheit möglich, religiöse Minderheiten im Land zu beleidigen und zu verleumden.
Während Judentum und Christentum immerhin noch als „Buchreligionen“ oder „geoffenbarte Religionen“ angesehen werden und somit zumindest in der Theorie einen gewissen Schutz genießen, können alle anderen Religionen mit überhaupt keinem Schutz rechnen. Der Antisemitismus hat in Ägypten gleichwohl eine lange Tradition . Das Judentum und seine Anhänger werden in Medien und Gesellschaft ständig beleidigt, ohne dass jemand zur Rechenschaft gezogen wird. Auch Christen erleben, dass ihr Glauben diffamiert wird, ohne dass irgendjemand dagegen einschreitet. „Sie können Beleidigungen gegen das Christentum jeden Tag über Lautsprecher auf der Straße hören. Sie finden sie in Fernsehprogrammen und Büchern für die Schule. Sie finden sie in anderen Büchern, die von Ministerien herausgegeben werden“, so Religionsexperte Paul Marshall. Nach dem Bombenanschlag auf eine Kirche in Alexandria in der Silvesternacht, als 23 Personen getötet wurden, beschwerten sich koptische Christen, dass es bei den dortigen Imamen gang und gäbe sei, bei den Freitagsgebeten christenfeindliche Tiraden von sich zu geben. In Südägypten haben Randalierer mehrmals auf Anregung von Imamen bei den Freitagsgebeten christliche Geschäfte angegriffen. In Ägypten werden die Gehälter der Imame teilweise von staatlich anerkannten islamischen Institutionen bezahlt. Kein öffentlicher Aufschrei Außerhalb von Menschenrechtsgruppen und einigen religiöser Gruppen ist bisher keine Forderung laut geworden, das Gesetz zu reformieren.
2009 wurde von WorldPublicOpinion.org, einer von der Universität von Maryland/USA getragenen Einrichtung, eine Umfrage durchgeführt. Demnach stimmten 71 Prozent der Ägypter folgender Aussage zu: „Die Regierung sollte das Recht haben, Personen mit Geldstrafen zu belegen oder zu inhaftieren, wenn diese eine Religion öffentlich kritisieren, weil eine derartige Kritik die Religion diffamieren könnte.“ Ein weiteres Hindernis für die Änderung des Gesetzes liegt wohl darin, dass es in Artikel 2 der ägyptischen Verfassung heißt: „Der Islam ist die Religion des Staates. Seine offizielle Sprache ist arabisch und die Hauptquelle der Gesetzgebung ist die islamische Rechtsprechung.“ Gemeint ist die Scharia. Die ägyptische Verfassung garantiert zwar auch die Religions- und Redefreiheit, doch werden diese Garantien durch Artikel 2 überlagert. Koptische und säkulare islamische Gruppen haben sehr für die Streichung von Artikel 2 gestritten, doch das kürzlich durchgeführte Referendum zur Verfassungsreform lässt befürchten, dass an den Diffamierungsgesetzen nichts geändert werden wird und die Freiheiten der Verfassung weiterhin vorwiegend theoretisch bleiben werden. 77 Prozent der Abstimmenden votierten für die vorgeschlagenen Änderungen. Die Blasphemie-Regeln blieben unangetastet.
Empfehlungen Open Doors
= Ägypten muss seinen international eingegangenen Verpflichtungen gerecht werden und dafür sorgen, dass religiöse Minderheiten keine Angst davor haben müssen, jederzeit mit Blasphemievorwürfen überzogen zu werden.
= Die neu gewählte Regierung muss dafür sorgen, dass alle Gesetze des Landes ohne Ansehen der Person für jeden gleich angewendet werden. Sie sollte eine umfassende Verfassungsreform anstreben.
= Der Scharia-Vorbehalt in der Verfassung darf nicht dahingehend ausgelegt werden, dass religiöse Minderheiten wie etwa die Christen nur Staatsbürger zweiter Klasse sind.
= Die Gerichtsbarkeit des Landes muss wirklich zur dritten Gewalt des Staates werden, unabhängig von politischen oder religiösen Einflüssen.
Von Open Doors Deutschland e.V. – Ansprechpartner: Dr. Daniel Ottenberg
Referat Menschenrechte – Postfach: 11 42 – 65761 Kelkheim – Tel: 06195 – 6767185 – E-Mail danielo@opendoors-de.org
Blickpunkt Blasphemiegesetze in Indonesien
Das Land gilt noch immer als Musterbeispiel für ein tolerantes muslimisches Land. Diese Vorbildfunktion hat durch die scharfe Handhabung der Blasphemiegesetze tiefe Kratzer erhalten.
Blickpunkt Blasphemiegesetze in Pakistan
Durch die jüngsten Morde an pakistanischen Politikern sind Blasphemiegesetze in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt. Ihre Anwendung in Pakistan, vor allem gegenüber der christlichen Minderheit, zeigt die Kritikwürdigkeit solcher Gesetze.
Zitat: „Agenten des SSI traten die Tür seiner Wohnung ein, wurden ihm gegenüber vor den Augen seiner Familie handgreiflich und schleppten ihn ins Gefängnis. Dort musste er, eines Verbrechens gemäß Artikel 98 f beschuldigt, 132 Tage in Einzelhaft verbringen, ohne vor Gericht gestellt zu werden. Seiner Meinung nach ließ der SSI seinen Fall bewusst offen, um ihn zu schikanieren und unter Druck zu setzen, zum Islam zurückzukehren.“
Identisch mit den Handlungsweisen der SS.
Wüsste man nicht, dass diese Abläufe bereits seit über 1000 Jahren in der islamischen Gesellschaft normal ist, so könnte man meinen, die SSI hätte von der SS abgeschaut. Eher ist es jedoch umgekehrt.
Und Westerwelle und Niebel (beide FDP) reisen ständig in diese Länder und in die von „palästinensischen“ Arabern besetzten israelischen Gebiete und teilen Millionen und aber Millionen unserer Steuergelder dort aus, ohne je Rechenschaft darüber zu fordern. Eine Schande!
Die rote Heidi Wiczorrek-Zeul (SPD) drückte dem syrischen Machthaber bei ihrer letzten Amtshandlung noch 50 Millionen in die Hand, ohne zu fragen, was der damit machen wolle.
Auf diese Weise konnte der Verbrecher Arafat nach Angaben des IWF immerhin 900 Millionen Euro auf seine Konten in der Schweiz umleiten.