Am 7. Januar feiern die koptischen Christen in Ägypten Weihnachten. Jedes Jahr kommt es an diesen Feierlichkeiten zu Gewaltausschreitungen von Muslimen gegen Christen. Der Einfluss islamistischen Eiferer aus weiten Teile der Bevölkerung ist gross. Regelmässig werden Kirchen in Brand gesetzt, Klöster geplündert und Menschen auf offener Strasse erschossen. In den allermeisten Fällen bleiben die Täter straflos. Bemerkenswerterweise nimmt die Gewalt gegen die christliche Minderheit seit der Revolution im Februar massiv zu. Blutüberströmte überfahrene Körper und zerquetschte Gliedmassen sind leider keine Seltenheit mehr. Unvergessen bleiben Bilder, wie am 9. Oktober im Stadtteil Maspero in Kairo gepanzerte Militärfahrzeuge in eine Menge friedlich demonstrierenden Kopten fuhr. 14 Menschen starben, einige von ihnen wurden mit gezielten Schüssen in den Kopf getötet. Am vergangenen Dienstag publizierte das oberste Militärgericht das Urteil gegen die Fahrer der Militärfahrzeuge: Die Fahrer hätten nicht auf den Zustand der schlechten Strassen geachtet und seien unabsichtlich in die Menge gefahren.
Dabei demonstrierten Muslime und Kopten vor neun Monaten mitten in Kairo wie Brüder auf dem Tahir-Platz. Noch nie waren sich die beiden Religionen ihrem einen Ziel so nahe wie in den Anfängen der ägyptischen Revolution: dem Sturz des Mubarak-Regimes. Bei genauerer Betrachtung gibt es jedoch Unterschiede in den Vorstellungen, welche sich im Verlauf der Erreignissen widerspielte. Mit etwa 20% der Bevölkerung sind die christlichen Kopten die grösste Minderheit in Ägypten. Allein in Kairo leben rund zwei Millionen von ihnen. Neben einer Handvoll einflussreichen – wie etwa die Sawiris-Familie – leben rund 90 Prozent von Ihnen in den Kairoer Slums wie in Moquattam oder Ezbeth al Nakl.
Der Überlieferung nach gründete vor rund 2000 Jahren der Evangelist Markus die Kirche in Ägypten. Die koptisch-orthodoxe Kirche entstand jedoch erst nach dem Konzil von Chalzedonien im Jahre 451. Das Oberhaupt der Kopten ist seit 1971 Papst Schenuda III. Heute verdienen die Kopten ihren Lebensunterhalt mit dem Sammeln und Rezyklieren von Abfällen. Mit Unterstützung der Weltbank exportieren sie die Plastikabfälle bis nach China. Ein wichtiger Bestandteil war auch die Schweinezucht. Das Fleisch verkauften sie an den Hotels, den Kot an den Bauern als Dünger für das Ackerkand. Im Zuge der Schweinegrippe wurden innerhalb weniger Tage sämtliche Schweine in Ägypten vernichtet, teils grausam erschlagen oder lebendig verscharrt. Die Schweinegrippe diente als politischer Vorwand, tatsächlich wurde der koptischen Bevölkerung eine wichtige Lebensgrundlage entzogen. Selbst die Proteste der UNO verhallten ohne Reaktion.
Was bleibt den Kopten von der Revolution?
Bis heute sterben vor allem sie in den gegenwärtig stattfindenden Demonstrationen, weil sie um Anerkennung und Schutz ihrer Rechte kämpfen und nicht länger als Bürger zweiter Klasse leben wollen. Die Situation heute ist so, als wäre nichts geschehen. Wie zu Mubaraks Zeiten berichtet das ägyptische staatliche Fernsehen regelmässig darüber, wie Kopten Moslems angreifen und Soldaten mit Steinen bewerfen. Im staatlichen Fernsehen wurde öffentlich dazu aufgerufen, den Soldaten im Kampf gegen die Kopten beizustehen. Aussichten auf eine Gleichberechtigung sind heute infolge der allgegenwärtigen Politisierung des Islams düsterer als je zuvor. Sämtliche Hoffnungen auf einen säkularisierten ägyptischen Staat, indem Gleichberechtigung und Toleranz als Massgabe dienen, sind verzogen. Bei den Parlamentswahlen siegen die religiösen islamistischen Parteien, die durch Milliarden von Petrodollars aus den Golfstaaten unterstützt werden. Islamistische Parteien erkaufen sich die Stimmen armer Wähler.
Trotz den Wahlen, die noch bis zum Frühjahr dauern, ist bereits heute schon erkennbar, dass die Zukunft Ägyptens nicht in der Moderne liegt. Im Hintergrund sind die gleichen Mächte am Werk wie vor der Revolution. Nur Mubarak ist weg. Das ist alles. Fakt ist: Ohne massiven westlichen Einfluss werden Gleichberechtigung und Demokratie in Ägypten zur Farce. Im Silvester 2010/2011 wurden 24 Menschen bei einem Bombenanschlag auf eine Kirche in Alexandria getötet. Am 6. Januar 2010 starben sechs Kopten während einer Weihnachtsmesse in Naag Hamady (Bundesland Kena). Ein Jahr zuvor wurden in Nag Hammadi am 6 Januar sieben koptische Christen auf offener Strasse erschossen. Die Täter sind bekannt. Sie wurden verhaftet, einvernommen und wieder frei gelassen. Noch heute leben sie unbehelligt in der Region. Am 6. Januar 2012 feiern die ägyptischen Kopten erneut Weihnachten. Bischof Kyrillos von Nag Hammadi erhielt wie schon vor zwei Jahren Drohungen von islamistischen Kreisen. Wie schon vor zwei Jahren hat er die Polizei verständigt, richtete Bittschriften an das Innenminister und an das Militär, man möge doch Sicherheitskräfte zur Verfügung stellen. Doch nichts ist geschehen – damals wie heute.
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{Quelle: www.zwicky-institut.ch – Von Medhat Klada: Medhat Klada (49) ist Vorsitzender der «Coptic Organizations Union in Europe», dem Dachverband der europäischen Kopten. Er publiziert regelmässig in den ägyptischen Medien, unter anderem mit einer wöchentlichen Kolumne in der Tageszeitungen «El youm El Sabea»; eine der wenigen unabhängigen Zeitungen des Landes. Seit drei Jahren hält er Vortäge bei der „Internationale Gesellschaft für Menschenrechte in Deutschland IGFM. Er publizieret ebenso in europäischen Medien, unter anderem im französischen « La Courrier International», auch arbeitete er bei verschiedenen Dokumentationen für das Schweizer Fernsehen (Rundschau) mit, sowie beim Buch «Schicksalstage am Fuße der Pyramiden», das im Februar 2012 erscheint.
Denn wenn du nicht sicher bist auf deinem Weg zur Arbeit, oder zur Kirche, oder zur Schule, dann betrifft das auch die Wirtschaft. Eine starke Wirtschaft braucht eine starke Sicherheit.
Deshalb ist dies eine besorgniserregende Zeit.“
Die Priester machen sich sicher,…Sorgen um die Zukunft
der Kopten in Ägypten. Zu recht,Trotzdem sieht er keinen Grund, sich zu verstecken: „Den jungen Leuten sagte er : ‚Haltet durch.
Seid stark. Ihr müsst euch unter die Moslems mischen und mit ihnen zusammen leben.
Habt keine Angst. Macht sie zu euren Freunden und erklärt ihnen eure Sorgen. Werdet nie wütend oder nervös.
Seid respektvoll und sprecht friedlich.
Ein sehr sehr mutiger Priester ,gestärkt sei er im Namen Gottes .
Nein sagen zur Unterdrückung«
Wie geht es jetzt weiter im Kampf um koptische Anliegen? Was sind die Folgen der Revolution für den politischen Aktivismus unter Kopten?
Aus der Erfahrung der Revolution folgen für mich verschiedene Dinge. Erstens, es kann nicht mehr angehen, dass sich die Kirchenleitung in politische Dinge einmischt. Zweitens, wir als koptische Jugend müssen ein Teil des nationalen Konsens sein, und ich und meine Mitstreiter müssen diesen Gedanken unter den Kopten verbreiten. Drittens, sie müssen die Errungenschaften der Revolution verteidigen, damit sie eine säkulare Revolution bleibt und nicht zu einer religiösen Revolution wird. Ausgehend von diesen Punkten versuchen sie , der koptischen Jugendbewegung eine klar formulierte politische Philosophie zu geben.
sie streben jedoch keine Parteigründung an, sondern möchten, dass ihre Mitglieder sich in jeglichen säkularen Parteien engagieren. Was diese politischen Ziele angeht, so sprechen sie von drei Hauptpunkten.
Der wichtigste Punkt wird sein, den säkularen Staat gegen diejenigen zu verteidigen, die einen religiösen Staat befürworten, wie zum Beispiel die Muslimbrüder und Salafisten. Der zweite Punkt ist die Sicherung der Bürgerrechte.sie r wollen nicht nur gleiche Rechte auf dem Papier, sondern ein umfassendes System, in dem alle Ägypter als gleichwertige Bürger leben können. Der dritte Punkt ist, dass in der Politik die Probleme der Kopten offen und aufrichtig zur Sprache kommen und gelöst werden. Es gibt Probleme im Kirchenbau, im Bildungsbereich, mit den Medien und so weiter. Alle diese Probleme müssen in Angriff genommen werden. Unser Projekt soll also ein patriotisches Projekt innerhalb des nationalen Konsens sein, das aber gleichzeitig die koptischen Anliegen für wichtig erachtet und ihre Lösung anstrebt