Als CIA-Agent bei den iranischen Revolutionsgarden
Interview mit Reza Kahlili, einem Ex-CIA Spion, der als Doppelagent in den iranischen Revolutionsgarden tätig war. Das Interview führte Craig Biddle für die Zeitschrift The Objective Standard.
Craig Biddle: Es ist mir eine Ehre heute Reza Kahlili als meinen Gast begrüßen zu dürfen, dem Autor von „Eine Zeit zu verraten“, einem Buch über sein Doppelleben als CIA Agent bei den iranischen Revolutionsgardisten. Das Buch gewann den von der JPX Mediengruppe gestifteten Internationalen Buchpreis 2011 sowohl in der Kategorie bestes Sachbuch als auch beste Autobiographie/Memoiren. Reza Kahlili ist ein aus Sicherheitsgründen verwendetes Pseudonym.
Danke, dass Sie gekommen sind, Reza.
Reza Kahlili: Danke für die Einladung!
CB: Lassen Sie uns mit Ihrem Hintergrund beginnen. So weit ich weiß wurden Sie nach der iranischen Revolution 1979 ein Offizier in den iranischen Revolutionsgarden und ein Spion für die CIA. Was genau sind die Revolutionsgarden und was können Sie uns über Ihre Verbindung zu ihnen und der CIA berichten?
RK: Die Revolutionsgarden wurden ursprünglich nach der Revolution 1979 gegründet, in welcher der Schah gestürzt wurde. Ihre Aufgabe sollte darin bestehen, das Land und die neue Regierung zu schützen, einschließlich der Geistlichen, welche der regulären iranischen Armee misstrauten und glaubten, dass diese mehrheitlich den Schah unterstützte. Die Geistlichen bildeten diese neue paramilitärische Einheit aus iranischen Jugendlichen, vor allem aus Armenvierteln. Als die Regierung ihnen Arbeitsplätze und Ausbildung anbot, waren sie begeistert und ließen sich rekrutieren. Und die Garden versprachen nicht nur, das Land zu beschützen, sondern auch den Armen und beim Aufbau des Landes zu helfen. Das machte sie noch attraktiver.
In den 70er Jahren war ich in Amerika gewesen um Theaterwissenschaften zu studieren, und als ich meinen Abschluss machte, hatte im Iran die Revolution stattgefunden. Zu dieser Zeit war ich begeistert und voller Hoffnung, dass im Iran Demokratie und Friede herrschen würden, also kehrte ich zurück. Einer meiner Sandkastenfreunde, der während der Revolution dagewesen war und an ihr teilgenommen hatte, hatte sich den Garden angeschlossen. Und als er mich fragte, ob ich beitreten wolle und meinte, dass meine Expertise und westliche Erziehung dort wertvoll sein würden, sagte ich ja.
Mehrere Monate später folgte die Besetzung der amerikanischen Botschaft. Das war der Anfang meines Erwachens, dass sich das Land nicht in die richtige Richtung bewegte und dass eine radikale Minderheit das Ruder übernahm. Dann war da noch die Massenhinrichtung von Offizieren des Schahs ohne Anhörung oder Prozess. Die Revolutionsgarden befahlen ihre Hinrichtung und die Wächter stellten sie einfach in einer Reihe auf und erschossen Tausende von ihnen. Und dann brach die Regierung ihr Versprechen, dass die Geistlichen sich nicht in Regierungsangelegenheiten einmischen würden, dass sie nur die geistigen Bedürfnisse des Volkes ansprechen würden. Die Geistlichen begannen, das islamische Recht zu vollziehen, welches kein Teil der neuen Regierung sein sollte. Bald erklärten Khomeini und andere Geistliche sich zu Stellvertretern Gottes. Von da ab sollte jeder, der sich ihnen entgegenstellen würde als „Moraheb“, als Feind Gottes, betrachtet und hingerichtet werden.
Daraufhin wurden zehntausende Männer und Frauen verhaftet, Oppositionsparteien wurden verboten und einige Universitäten geschlossen, um sich des westlichen Einflusses auf unser Bildungssystem zu entledigen. Unter den Tausenden, die in das Evin Gefängnis gebracht wurden, wo sie die wichtigsten politischen Gefangenen inhaftierten, waren mein bester Freund und seine Geschwister. Ich wurde Zeuge von Folter und den Greueln, welche das neue Regime den iranischen Bürgern antat. Jugendliche Mädchen wurden vor ihrer Hinrichtung vergewaltigt – wegen des muslimischen Glaubens, dass Jungfrauen in den Himmel kommen. Jungen und Mädchen wurden mit unvorstellbaren Methoden gefoltert, von denen ich einige in meinem Buch beschrieben habe, und dann hingerichtet.
Zu dieser Zeit begann ich, nicht nur die Regierung, sondern auch den Islam selbst zu verachten und suchte nach Wegen zu helfen. Ich wusste, dass etwas getan werden musste und das Einzige das mir einfiel war, nach Amerika zurückzugehen und mit den amerikanischen Behörden zu sprechen. Sie würden die Gefahr verstehen, die vom Regime ausging und helfen, dachte ich. Und ich hatte eine Menge Informationen über die Gardisten, die unter den Geistlichen damit begannen, sich an Terrorakten im Nahen Osten zu beteiligen. Also erzählte ich den iranischen Behörden, dass meine Tante krank sei – was stimmte, sie war krank – aber ich nutzte dies um die Erlaubnis zu bekommen, in die USA zu reisen – und mein Sandkastenfreund, der nun in der Geheimdienstabteilung der Garden tätig war, half mir. Bei meiner Ankunft in den USA kontaktierte ich das FBI und nach einer Reihe von Treffen stellten sie mich einem CIA Offizier vor. Nach einigen Wochen Vernehmung mit der CIA teilte mir der Nachrichtendienst mit, dass es ihnen und meinem Land helfen würde, wenn ich freiwillig in den Iran zurückkehren und die CIA über die Aktivitäten der Gardisten informieren würde. Sie überließen mir die Entscheidung und bald brach ich zur Ausbildung nach Europa auf, danach ging ich in den Iran zurück und begann meine Mission.
CB: Können sie ein paar Höhepunkte Ihrer Tätigkeit und Erkenntnisse auf dieser Mission nennen und was die CIA mit diesen Informationen tat?
RK: Das ist eine lange Geschichte und ich habe vieles davon in „Eine Zeit zu verraten“ beschrieben. Ich hatte einen Freund in der Geheimdienstabteilung und so war es mir möglich über ihn an eine Menge von Informationen zu gelangen. Ich hatte auch Kontakte im Außenministerium, in den Kriegsabteilungen und noch weitere. Ich sammelte und lieferte so eine Fülle von Daten.
In einem Fall zum Beispiel lieferte ich Informationen über Waffen- und Sprengstoffschmuggel nach Syrien. Dieser wurde Großteils mit kommerziellen Flügen von Air Iran organisiert. Die Waren wurden in Teheran geladen, nach Syrien geflogen und dann an Hezbollah geliefert. Auch Einheiten von Gardisten wurden nach Syrien geflogen und von dort in den Libanon. Ich lieferte Informationen über die Anstrengungen des Regimes, seinen Einflussbereich in Nahost aber auch in Europa, Asien und sogar Amerika zu erweitern. Das Regime stellte konspirative Wohnungen, etablierte Zellen in Moscheen und islamischen Kulturinstituten und nutzte sogar Tarnfirmen.
Ich lieferte auch Informationen über das irakische und iranische Atomwaffenprogramm. Mitte der achtziger Jahre erfuhr die Spionageabteilung der Revolutionsgarden, dass Saddam Hussein versuchte, eine Atombombe zu kaufen. Er hatte bereits Chemiewaffen bekommen und eingesetzt und nun versuchte er an die Atombombe zu gelangen. Also autorisierte Ajatollah Khomeini, zu jener Zeit der Oberste Rechtsgelehrte, Mohsen Rezaei, damals Oberkommandierender der Garden, das iranische Atomwaffenprogramm zu gründen. Die Iraner wandten sich mit Milliarden von Dollarn an Pakistan, um die Bombe zu kaufen, bekamen aber nur die Zentrifugen und Baupläne. Die ersten Zentrifugen wurden in Khomeinis Privatjet transportiert.
Dann war ich bei einem Geheimtreffen der Garden anwesend, auf dem Mohsen Rezaei seine neueste Strategie vorstellte: der Garde eine Marine und Luftwaffe zu geben, ihr Raketenträgersystem zu verbessern und sich auf kleine Einheiten von See- und Landstreitkräften zu konzentrieren – aber Tausende davon – um der amerikanischen Vormacht in der Region die Stirn zu bieten. Diese Strategie steht bis heute, sie haben tausende von Raketen, Marineeinheiten u.s.w..
Ein anderes Thema war ein Pakt, ein ungeschriebener Pakt, zwischen Deutschland, Frankreich, England und Iran, der es den Gardisten und Geheimdiensten des Iran gestattete, ihre Oppositionsmitglieder in diesen Ländern zu ermorden, solange sie deren Bürger nicht angreifen oder ein unsicheres Umfeld schaffen würden. Von da an ermordeten die Gardisten hunderte von Oppositionsführern in den Straßen von Paris, London und verschiedener Städte quer durch Deutschland – unter anderem General Gholam Oveissi, den ehemaligen Kommandeur der Armee des Schahs, und seinen Bruder, in Paris; Abdul Rahman Ghassemlou, einen führenden kurdischen Politiker, in Österreich; und iranisch-kurdische Oppositionsführer, Sadegh Sharafkandi, Fattah Abdoli und Homayoun Ardalan in Berlin. Das prominenteste Opfer, das sie ermordeten, war der letzte Premierminister unter dem Schah, Shahpour Bakhtiar. Er war nach der Revolution aus dem Land geflohen und wirkte in Paris, wo er zum Widerstand gegen die Mullahs aufrief. Die Gardisten fassten ihn eines Tages, stachen ihm 13 Mal ins Genick und schlitzten ihm die Kehle durch.
CB: Was bekamen die Deutschen, Franzosen und Briten dafür, dass sie den Gardisten erlaubten, diese Menschen zu töten?
RK: Die Belohnung waren milliardenschwere Verträge. Sie bekamen Ölverträge, Verträge für die Industrie und besondere Verträge speziell für die Revolutionsgardisten. England und Deutschland lieferten den Gardisten sogar Waffen, trotz eines US Waffenembargos.
CB: Für die CIA das iranische Regime zu bespitzeln muss einer der gefährlichsten Jobs der Welt sein. Was hat sie dazu motiviert, diese Arbeit zu tun?
RK: Vom ersten Tag an ging es mir darum, das Regime zu Fall zu bringen. Ich sah, dass das Regime nicht nur für das iranische Volk gefährlich ist, aber das es ein brutales Regime, ein messianisches Regime, ein böses Regime ist; ich sah, dass es eine Gefahr für die Stabilität der gesamten Region darstellte, und dass es Millionen von Iranern und anderen abschlachten würde wenn es könnte. Zunächst war ich sicher, dass die USA das verstehen würden. Doch während ich mich mehr und mehr engagierte wurde es sehr kompliziert, denn zur gleichen Zeit als ich für die CIA arbeitete war diese an Verhandlungen mit den Gardisten in Europa beteiligt – Verhandlungen die zur Iran-Kontra Affäre wurden. Sie unterhielten sich mit dem selben Mann aus der Geheimdienstabteilung, der an der Entführung von William Berkeley beteiligt war, einem später 1985 im Libanon ermordeten CIA Agenten.
Die USA fallen ständig auf den Iran herein, weil die Iraner immer so tun, als ob sie nachgeben würden oder Jemand vorschicken, der Hoffnung auf Verhandlungen weckt. Einmal hatte das Weiße Haus direkten Kontakt zu Hashemi Rafsanjani, damals dem Sprecher des Parlaments. Dieser versprach eine Normalisierung der Beziehungen zu den USA nach dem Tod des Ajatollahs Khomeini, also beschlossen die USA, abzuwarten. Diese Art von Signalen aus dem Iran fütterte die Hoffnung amerikanischer Amtsträger auf eine Art Verhandlungslösung und hielt sie davon ab, gegen das Regime vorzugehen. Aber Sie haben Recht. Oft war es sehr gefährlich. Ich hatte oft Zweifel daran, ob ich das Richtige tue. Nachts wurde ich von Albträumen heimgesucht. Ich belog meine Frau, ich belog meine Mutter. Ich belog jedes Mitglied meiner Familie – die mich alle dafür verachteten, dass ich mit dem Regime kollaboriere.
CB: Ich kann mir vorstellen, wie schwer das gewesen sein muss.
Das iranische Regime steht den USA und Israel offen feindselig gegenüber. Sie behaupten aber, dass das iranische Volk im Allgemeinen nicht anti westlich eingestellt ist und vom Regime als Geisel genommen wurde. Ein Umstand, der dies stützt, ist die Tatsache, dass Iraner nach dem 11. September Mahnwachen mit Kerzen veranstalteten um der Opfer zu gedenken und dass in jüngerer Vergangenheit die pro freiheitliche und pro westliche „Grüne Bewegung“ aufgestiegen ist. Aber wir sehen auch Elemente in der iranischen Kultur, die dieser These zuwiderlaufen. In dem Dokumentarfilm Iranium zum Beispiel sehen wir Schulkinder „Tod Amerika!“ skandieren. Natürlich tun sie das, weil es ihnen von ihren Lehrern und den Älteren verlangt wird, aber wir sehen auch Erwachsene, die „Tod Amerika!“ rufen, und zwar in großen Massenversammlungen. Wie weit ist die anti-westliche Mentalität im Iran verbreitet und was glauben Sie ist die Hauptquelle dieses Ressentiments?
RK: Das ist eine sehr gute Frage. Lassen Sie mich das erhellen, denn die Mehrheit der Leute im Westen versteht das nicht. Seit ungefähr anderthalb Jahren nach der Revolution sucht die Mehrheit der Iraner nach Wegen, das Regime zu stürzen. Und sie mussten für diese Bemühungen einen hohen Preis zahlen. Zehntausende wurden hingerichtet, viele aus dem Militär und sogar von den Revolutionsgardisten. Und viele Lehrer, Studenten, Gewerkschafter und Ähnliche – Menschen, von denen der Westen wegen der fehlenden Presseberichterstattung nichts hört – werden routinemäßig hingerichtet. Das iranische Volk ist eines der verwestlichsten Völker in der Region und wünscht sich nichts mehr als dieses Regime zu stürzen. Aber der Haken ist: in den Schulen und Universitäten wird das islamische Recht durchgesetzt. Wer nicht gehorcht fliegt raus, oder noch schlimmer. Wenn Sie also in Dokumentarfilmen oder im Fernsehen Studenten skandieren sehen tun sie dies, weil ihnen befohlen wurde, es zu tun.
Was die Solidaritätsbekundungen außerhalb von Schulen betrifft funktionieren sie folgendermaßen: Immer wenn die Regierung wünscht, dass die Leute zeigen, dass sie auf ihrer Seite stehen und anti-westlich sind, werden hunderte von Bussen zu den „Familien der Märtyrer“ geschickt (jener, die ihr Leben für den Dschihad gegeben haben), denen die Unterkunft und Essens- und Getränkegutscheine gestellt werden. Im Gegenzug müssen sie dann zum Freitagsgebet und zu Demonstrationen kommen. Auch die Revolutionsgarden und die Basij, die paramilitärischen Einheiten im Iran, werden mit Zügen angekarrt. All diese Leute machen dann eine Show und der Westen sieht sie alle ihre Faust heben und „Tod Amerika!“ skandieren. Aber es ist eine Show.
Wenn es das iranische Regime auch nur einen halben Tag erlauben würde, dass die Iraner auf die Straßen gingen und sagen würden, was sie wirklich denken, würden Sie Dutzende von Millionen Iraner sehen, die „Tod der islamischen Republik!“ skandieren. Wenn es heute ein Referendum über die islamische Republik gäbe, würden über 90 % der Iraner dagegen stimmen. Wenn es eine freie Abstimmung über diplomatische Beziehungen zu Amerika gäbe, würden über 90 % dafür stimmen. Im Iran geht ein Gerücht um, dass die Leute während des US Angriffs auf Afghanistan auf den Dächern standen, Fahnen schwenkten und „ja, so bitte“ riefen – und sie haben jetzt schon seit 30 Jahren „so bitte“ gerufen. Aber Amerika hat nichts anderes getan als mit ihrer Führung zu verhandeln und sie mit ihrem Streben nach Freiheit alleine stehen zu lassen.
CB: Unter Freiheit verstehe ich das, was die Gründer Amerikas damit meinten – die Abwesenheit von Gewalt in zwischenmenschlichen Beziehungen. Freiheit kann nur durch den Schutz der Rechte des Individuums gewährleistet werden – vor allem dem Recht auf Leben, Freiheit, dem Streben nach Glück und, besonders relevant für die Situation im Iran, die Rechte der Rede- und Weltanschauungsfreiheit. Glauben Sie, dass die Mehrheit der Iraner versteht, was Freiheit bedeutet – dass sie beinhaltet, dass die Regierung das Recht des Einzelnen schützt, sein Leben so zu leben wie er möchte – einschließlich seiner Religion – oder sogar seiner Ablehnung von Religion?
RK: Das ist wieder eine sehr gute Frage. Das sind die Tatsachen: Die iranische Bevölkerung zählt zu den Gebildetsten nicht nur in der Region sondern auf der ganzen Welt. Und Iraner haben ein fundiertes Verständnis von Geschichte und Politik. Viele streben die Art von Freiheit an, die wir in Amerika genießen. Deshalb sind zu Zeiten des Schahs Millionen auf die Straße gegangen um politische Freiheit – Redefreiheit – zu fordern. Die Iraner kämpfen seit Jahrzehnten dafür und es ist genau was sie wollen. Sie wollen keine Herrschaft eines Einzelnen und sie wollen keine Herrschaft der Geistlichen. Eigentlich wollen die meisten mit dieser Religion nichts zu tun haben. Ich kann Ihnen versichern, dass sobald diese Regierung weg ist – was einen Riesengewinn für globale Stabilität, Weltwirtschaft, Amerikas nationale Sicherheit und den Krieg gegen den Terrorismus bedeuten würde, Iraner sich vom Islam selbst abwenden werden.
Vor der Revolution hielten sich viele Iraner nicht an die islamischen Riten, erfüllten ihre islamischen Pflichten nicht und beteten nicht. Sie respektierten den Islam und den Propheten Mohammed und Allah aber waren nicht ernsthaft religiös. Jetzt verfluchen sie Allah, den Propheten Mohammed und den großen Imam der Schiiten, Imam Hussein, der den roten Schiismus begründete.
CB: Roter Schiismus?
RK: Ja, rot bedeutet im Islam, dass du Blut vergossen hast um der Gerechtigkeit zum Sieg zu verhelfen. Sie wissen schon, töte den Feind, opfere dein Leben für die Ehre Allahs, ziehe in den heiligen Krieg. Die Iraner verachten den Islam mittlerweile nicht nur und bestreiten seine Heiligkeit, sie verfluchen ihn. Deshalb lautet die Antwort ja, sie wollen die gleiche Art von Freiheit, die wir in Amerika haben – einschließlich der Religions- und Redefreiheit. Sie wollen einen Rechtsstaat. Sie wollen, dass dieser religiöse Unsinn ein Ende nimmt.
CB: Würden Sie dann sagen, dass das iranische Volk die Scharia insgesamt abschaffen will?
RK: Sie wollen keine Scharia.
CB: Nicht mal ein bisschen?
RK: Nicht mal ein bisschen.
CB: Natürlich hören wir keine Iraner die Scharia verurteilen, aber die Russen in der Sowjetunion hörte man auch nicht den Kommunismus verdammen oder die Deutschen zur Nazizeit Adolf Hitler. Ich gehe davon aus, dass dies denselben Grund hat. Was passiert, wenn man heute im Iran offen die Scharia verurteilt?
RK: Wenn man das tut ist man ein Moraheb – zum Tode verurteilt. Die Behörden würden einen foltern und töten. Und es gab viele tapfere Seelen, die ihr Leben für das Recht, ihre Meinung frei auszusprechen, lassen mussten. Jetzt da wir sprechen sind quer über den Iran Tausende in Gefängnissen weil Sie gegen das Regime gesprochen haben. Gerade hat ein Minister angekündigt, dass die Gefängnisse voll sind und neue gebaut werden müssen. Das Regime hat allein im Januar und Februar diesen Jahres 150 Menschen hinrichten lassen. Die Hinrichtungen finden heimlich statt, damit die Vereinten Nationen nicht über das Mindestmaß an Kritik hinausgehen, das sie bislang geäußert haben.
CB: Ein Teil der Opposition gehört der Grünen Bewegung an, die – soweit ich verstehe – sehr vielfältig ist. Was denken Sie über die Grünen? Wofür stehen sie?
RK: Ich möchte versuchen, ein paar Dinge richtig zu stellen, weil diese Angelegenheit für viele Menschen verwirrend ist. Die ganze Sache begann mit den Kontakten, von denen ich vorhin gesprochen habe, zwischen Rafsanjani und dem Weißen Haus, während der 80er Jahre, als Mir Hossein Mousavi Premierminister war. Diese Gespräche dauern bis heute fort und mehrere US Regierungen setzten auf Verhandlungen weil jeder einzelnen davon eine Normalisierung der Beziehungen versprochen wurde. Sie müssen verstehen, dass Rafsanjani kein „Gemäßigter“ ist., er war der Kopf hinter den meisten iranisch-unterstützten Terrorakten während der 80er und 90er und auch hinter den Ermordungen vieler iranischer Dissidenten und Aktivisten. Ähnlich wie Mousavi, unter dessen Herrschaft mehr als 30 000 Menschen in nur einem Sommer hingerichtet wurden. Aber das war nicht die Grüne Bewegung. Es waren frühe Versuche der Bande um Rafsanjani, an die Macht zu gelangen.
Die Grüne Bewegung begann im Jahr 2009 als sie wieder versuchten an Einfluss zu gewinnen. Zu dieser zeit versuchten sie, Mousavi zum Präsidenten wählen zu lassen und das Amt so vom Einfluss Khameneis und seiner Bande loszulösen. Der Plan war, dass es Rafsanjani gelingen würde, der nächste Oberste Rechtsgelehrte zu werden, wenn Mousavi Präsident würde und Rafsanjani seinen Posten als Vorsteher des Expertenrates behalten würde. (Anm. des Übersetzers: Der Expertenrat wählt den Revolutionsführer). Rafsanjani sollte so in eine gute Position gebracht werden um zum nächsten Obersten Rechtsgelehrten gewählt zu werden (Anm. des Übersetzers: höchster Repräsentant des Staates). Das war die langfristige Strategie. Nun gewann Mousavi die Wahl, aber Khamenei befahl seine Niederlage. Kommandeure der Garden erschienen in Mousavis Büro und befahlen ihm, die Niederlage zu akzeptieren, weil dies im besten Interesse der islamischen Republik sei. Sie verlangten, dass er eine Ansprache hält, in der er seine Niederlage anerkennt und er gehorchte. Das war es, was die populäre Form der Grünen Bewegung auslöste – in der das iranische Volk nun nicht nur freie Wahlen verlangte, sondern auch Freiheit und „Tod der Islamischen Republik!“.
Mousavi und Rafsanjani appellierten an die Iraner, nicht „Tod der Islamischen Republik“ zu sagen, sie wollten, dass die Menschen nur Gerechtigkeit hinsichtlich der Präsidentschaftswahlen verlangen. Aber die Leute sagten es trotzdem und Geheimdienstberichte von vor 6 oder 7 Monaten deuten darauf hin, dass die Regierung zusammengebrochen wäre, wenn die Demonstrationen nur ca. einen Monat länger gedauert hätten. Es ist wichtig, zu sehen, dass Mousavi und Karroubi schwiegen, als die Proteste aufkamen. Millionen von Menschen gingen auf die Straßen, verbrannten Puppen von Khamenei und Ahmadinejad und griffen die Sicherheitskräfte an, aber Mousavi und Karroubi waren nur darum bemüht, die Lage wieder unter Kontrolle zu bekommen. Diese Männer wollten die islamische Republik nicht stürzen; sie wollten lediglich die Macht an sich reißen. Und sie haben ihren Machtpoker verloren. Rafsanjani verlor seinen Posten als Vorsitzender des Expertenrates. Und mittlerweile stehen sowohl Mousavi als auch Karroubi unter Hausarrest. So begann die Grüne Bewegung und entwickelte sich und deshalb sehen viele Menschen heute in ihr einen Versuch, das Regime zu stürzen.
CB: Glauben Sie, dass die Grüne Bewegung heute Unterstützung verdient?
RK: Nun, sie ist eine Mischung von Gut und Böse, weil einige der frühen Anführer immer noch in der Bewegung aktiv sind und der Islamischen Republik gegenüber treu sind. Wir müssen jetzt das iranische Volk als Ganzes in seinem Kampf unterstützen, dass islamische Regime zu stürzen. Das ist es, was die überwältigende Mehrheit des iranischen Volkes sich wünscht.
CB: Wenn das Regime gestürzt wird, was würde ihm folgen? Viele Menschen – leider auch Amerikaner – fordern „Demokratie“ im Iran. Ich halte das für einen schweren Fehler. Demokratie heißt lediglich Herrschaft der Mehrheit – eine Stimme pro Person und wer die meisten Stimmen erhält gewinnt. Demokratie bedeutet noch nicht Rechtsstaatlichkeit sondern erstmal nur Herrschaft der Mehrheit. Demokratie hieße auch, dass wenn die Mehrheit meint, Freiheit nur bis zu einem bestimmten Punkt zu erlauben aber das islamische Recht nicht ganz aufgeben möchte, dies umgesetzt werden müsste und bald wäre man wieder in einer Theokratie. Was denken Sie darüber? I
RK: Nun ich denke, dass diese Analyse nicht auf den Iran zutrifft, weil Iran das schon mal erlebt und durchgemacht hat. Sie trifft auf Ägypten und andere Länder zu, weil in einem demokratischen Prozess, in dem die Mehrheit regiert, die Islamisten an die Macht kommen könnten und dann das islamische Recht einführen könnten, so wie wir es im Iran erlebt haben. Die Erfahrung eines islamischen Regimes, die mit einer Volksabstimmung über die Gründung der Islamischen Republik begonnen hat, war so schrecklich, dass die Iraner mehr Gründe als genug haben diesen Fehler nicht noch einmal zu begehen. Eine freiheitliche und demokratische Regierung im Iran hieße, dass das Volk alle vier Jahre das Recht hätte einen Präsidenten und Vertreter im Parlament zu wählen. Dazu würde auch Redefreiheit sowie Presse- und Rundfunkfreiheit gehören. Studenten und Lehrer würden nicht mehr ins Gefängnis geschickt werden, weil sie ihre Meinung kundtun und Zeitungen würden nicht mehr geschlossen, weil sie die Regierung kritisiert haben. Es würde bedeuten, dass das Volk nicht mehr gehenkt oder gesteinigt würde, weil es sich gegen den Islam stellt. Ich glaube, dass die Iraner genug haben. Sie wollen anziehen, was ihnen gefällt, sie wollen denken, was ihnen gefällt und sie wollen freie Medien, sie wollen ein Wahlgesetz, nach dem jeder kandidieren und wählen kann.
CB: Das Problem, das ich mit der „Demokratie“ sehe ist, dass sie nicht gleich Freiheit bedeutet; sie bedeutet nur Mehrheitsherrschaft. Und wenn die Mehrheit Veränderung wünscht – dann muss die Regierung diese Veränderung umsetzen.
Ich denke also, dass die Iraner die gleiche Art von System brauchen, dass die Gründungsväter Amerikas hier etabliert haben. Ja, man kann wählen, aber diese Wahl findet in einem Kontext statt, der die Verfassung respektiert, eine Verfassung, die besagt: Über manche Dinge dürft Ihr abstimmen, aber über andere nicht. Ihr könnt über Kandidaten abstimmen aber nicht über die Frage, ob andere Menschen ein Recht auf Religionsfreiheit, Eigentum oder ein Recht auf Streben nach Glück haben. Dies sind absolute Werte, die in der Verfassung verankert sind, die dem Wahlverfahren vorgeht. Die Verfassung schützt das, worüber nicht abgestimmt werden darf – namentlich die Freiheitsrechte des Einzelnen – und begrenzt die Macht der Regierung, diese einzuschränken. Wissen Sie ob im Iran irgendjemand an einer solchen Verfassung arbeitet, die als Grundlage für einen demokratischen Prozess dienen könnte?
RK: Natürlich, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Irans arbeiten Menschen an verschiedenen Verfassungsentwürfen und einige ähneln dem, wovon Sie sprechen sehr. Sie haben völlig Recht – das erste was man braucht, um eine Demokratie zu gründen, ist eine Verfassung, die die Freiheitsrechte des Einzelnen schützt. Und dann können, wie Sie sagen, Wahlen stattfinden.
CB: Dann sind wir beide uns also einig. Ich habe das Thema angesprochen, weil Leute, die fordern „wir wollen Demokratie“ häufig meinen „wir wollen wählen“ und weil das nicht ausreicht, um Freiheit zu garantieren. Wahlen sind ein notwendiger Aspekt von Freiheit aber es ist nicht mal annähernd eine hinreichende Bedingung.
RK: Richtig, die Verfassung ist der Rahmen, der zunächst gesetzt werden muss. Ohne diesen wird es sehr sehr schwierig Gerechtigkeit und Freiheit zu erlangen.
CB: Haben sie einen bestimmten Verfassungsentwurf ins Auge gefasst, denn Sie für relativ gut halten?
RK: Ja. Vor wenigen Monaten gab es einen Versuch in Washington DC, wo Vertreter der verschiedenen Oppositionsgruppen zusammengekommen sind, um damit anzufangen eine mögliche Verfassung zu entwerfen und die Arbeit daran dauert noch fort. Als Vorstandsmitglied der Stiftung für Demokratie im Iran werde ich selbst ein sehr aktives Bündnis schmieden um die verschiedenen Versuche, eine brauchbare Verfassung zu entwerfen, anzuleiten.
CB: Das klingt wie Musik in meinen Ohren, weil dies meiner Ansicht nach für anhaltende und echte Veränderung im Iran unerlässlich ist. Was finden Sie sollte die amerikanische Regierung jetzt tun, um dem iranischen Volk zu helfen, das Regime zu stürzen und eine freie Republik zu gründen?
RK: Ehrlich gesagt ist es vermutlich schon zu spät. 2009 verschenkten wir unsere große Chance als Präsident Obama, leider, hinter den Kulissen mit dem Ajatollah Khamenei feilschte und Deals machte und ihm Briefe schickte, in denen er ihm versicherte, dass Amerika sich nicht in die inneren Angelegenheiten Irans einmischen würde, womit er dem Regime grünes Licht gab zu unterdrücken und zu töten – in der Hoffnung auf Verhandlungen während des Treffens im Oktober in Genf.
Was wir jetzt brauchen ist, das Amerika den Europäern ernsthaft ins Gewissen redet und sie dazu auffordert, alle diplomatischen Beziehungen zum Iran einzustellen und alle iranischen Agenten aus ihren Ländern auszuweisen – wir wissen, wer sie sind, weil ich jahrelang für die CIA in Europa gearbeitet habe. Wir müssen von unseren Verbündeten verlangen, ihren Luftraum für Flüge der Iran Air zu sperren und ihre Häfen für Schiffe nach oder aus dem Iran zu schließen. Wir müssen dem iranischen Volk auch sagen, dass wir die Legitimität des iranischen Regimes nicht anerkennen und dass wir bereit sind, ihnen dabei zu helfen, es zu stürzen. Wenn wir dieses Regime stürzen wollen, müssen wir das iranische Volk moralisch und materiell unterstützen.
Uns läuft jetzt die Zeit davon, weil die Iraner mit Hilfe Nord Koreas und Chinas an nuklearen Sprengköpfen arbeiten. Sie haben schon jetzt über eintausend ballistische Raketen, auch solche, die jede Hauptstadt von Europa treffen könnten und sie arbeiten mit Nord Korea daran Interkontinentalraketen zu bauen. Wenn es ihnen erst gelingt, an die Bombe zu kommen, hat es sich ausgespielt. Dann heißt es schachmatt. Sie werden Hamas, Hezbollah, Syrien, Venezuela und andere mit Waffen versorgen. Jeder US Verbündete in der Region und auf der ganzen Welt wird entweder getroffen werden oder in ständiger Angst davor leben. Und Iran wird einen Großteil der Energieressourcen auf der Welt kontrollieren – 40 % des Öls wird über den persischen Golf transportiert.
Das Rennen hat begonnen und wir müssen verstehen, dass das iranische Regime keine atomaren Sprengköpfe bekommen darf. Ob wir dem iranischen Volk dabei helfen, dem Regime ein Ende zu setzen oder ob wir es selbst stürzen, das Regime muss abtreten – jetzt. Die Frage lautet: Wollen wir Krieg bevor oder nachdem sie die Bombe haben?
CB: Amen.
RK: Aber ich muss leider feststellen, dass die Obama Regierung Wahnvorstellungen anhaftet, sie ist schwach und verwirrt. Scheinbar versteht niemand in diesem Kabinett die Folgen, die ein atomar bewaffneter Iran mit sich bringen würde. Ihre Versuche, mit Verhandlungen und Sanktionen ein Einlenken zu bewirken, sind gescheitert, wie ich es schon 2009 in einem offenen Brief an Obama vorausgesagt hatte. Und jetzt wo sie das Handtuch geworfen haben, haben sie keine Ahnung wie sie mit den Ereignissen im Nahen Osten umgehen sollen und die Russen und Chinesen nutzen diese Situation gnadenlos aus.
CB: Diese Regierung wird im Leben nicht das tun, was sie bezüglich des Iran tun müsste. Aber der amerikanische Wähler verlangt, dass ein republikanischer Kandidat, der ihre Unterstützung bekommen möchte, eine vernünftige Strategie bezüglich des Irans hat – namentlich eine Strategie, die das iranische Volk ausdrücklich unterstützt und hinter dem Sturz seines Regimes steht.
RK: Ja. Aber bis 2013 ist es noch lange hin.
CB: In der Tat. Und das führt mich zu meiner nächsten Frage. Kürzlich schrieben Sie bei PajamasMedia, dass der Stuxnet Computervirus die großen iranischen Nuklearanlagen lahm gelegt hat. Ich las dies mit großer Freude, weil ich wusste, dass der Wurm substantiellen Schaden angerichtet hatte, mir aber noch nicht bekannt gewesen ist, dass es sogar gelungen ist, die Nuklearanlagen lahmzulegen. Woher wissen Sie das und was bedeutet diese Entwicklung?
RK: Nun, vielleicht hätte ich das besser ausführen sollen. Der Stuxnet Virus infizierte mehrere Anlagen, vor allem Natanz und Bushehr. In dem Bericht ging es um die Anlage in Bushehr. In Natanz zerstörte der Virus über tausend Zentrifugen, die die Iraner ersetzten mussten. Aber während des Monats, in dem Natanz geschlossen war, erhöhten sie irgendwie ihre Kapazität zur Urananreicherung an anderen Orten, was den Ausfall ausgeglichen hat. Sie reicherten also immer noch mit bedrohlicher Geschwindigkeit an und nach IAEA-Berichten verfügen sie zwischenzeitlich über mehr als 8000 Pfund hoch angereichertem Uran, was für mehr als drei Atombomben ausreicht. Darüber hinaus ist es ihnen gelungen, bis zur 20% Grenze anzureichern, was sehr gefährlich ist, weil die Anreicherung von 20 % auf über 90 % nur wenige Monate dauert. 20% Anreicherung bedeuten so viel wie 80% des Weges zum atomwaffenfähigen Material.
Bushehr war allerdings sehr wichtig. Wäre Bushehr in Betrieb gegangen, hätte man aus den Brennstoffresten von Bushehr genug Material für 60 bis 90 Plutonium Bomben innerhalb von nur einem oder zwei Jahren gewinnen können. Es war also unerlässlich, dass Bushehr nicht in Betrieb gehen würde. Der Stuxnet Virus wurde über einen PC in das Computersystem von Bushehr eingeschleust und, wie ich in diesem Artikel schrieb, der auf einem Dokument des Geheimdienstes der Revolutionsgarden und des Geheimdienstministeriums des Irans beruhte, arbeiten die Iraner schwer daran, ihn zu löschen. Das Dokument zeigt, dass sie im Grunde aufgegeben haben. Sie haben zwei Stäbe eingerichtet, die nur an diesem Problem arbeiten sollten; sie versammelten über hundert Techniker und Ingenieure; sie fragten wiederholt bei einer russischen Firma an – aber bekamen glücklicherweise keine Antwort. (Hinter dem Vorhang arbeiten sie mit den Schweizern, aber das Endergebnis nach von einem Jahr oder mehr Versuchen, den Virus zu isolieren oder eine Lösung zu finden, ist gleich null.) Nach jüngsten Berichten hat Iran nun vor, Bushehr trotz der Gefahren durch den Virus anzufahren, und die Russen haben den Brennstoff geliefert. Wenn es ihnen gelänge, die Anlage anzufahren und der Virus angreift, könnte dies zu einem völligen Zusammenbruch der Energieversorgung und somit einer Kernschmelze im Reaktor führen.
CB: Die gute Nachricht lautet also, dass der Virus großen Schaden für das iranische Atomprogramm anrichtet und noch größere Schäden verursachen könnte. Die schlechte Nachricht ist, dass der Iran Mittel und Wege findet, die Situation zu handhaben.
RK: Richtig. Unsere Absicht ist es, ihre Jagd nach der Atombombe in die Länge zu ziehen oder scheitern zu lassen. Und obwohl Stuxnet sehr erfolgreich war, machen sie weiterhin Fortschritte. Hinzu kommt noch, dass iranische Wissenschaftler für viel Geld nach Nordkorea reisen durften um dort gemeinsame Atomversuche durchzuführen, welche wegen des Erdbebens in Japan verschoben wurden. Der südkoreanische Nachrichtendienst enthüllte genau vor dem Erdbeben, dass die Nord Koreaner unmittelbar davor stünden, einen dritten Atomwaffentest durchzuführen. Dann war da noch der Bericht über ein chinesisches Schiff auf dem Weg nach Iran letzten Monat, das zwei Container mit Materialien zum Bau von Atomwaffen enthielt. Die Chinesen kollaborieren mit dem Iran, genau wie sie mit Pakistan kollaboriert haben. Sobald unsere Feinde eine schwache US Politik sehen, verdoppeln sie ihre Anstrengungen und beschleunigen ihre Aktivitäten. Beim derzeitigen Tempo ist es gut möglich, dass der Iran dieses oder nächstes Jahr schon die Bombe haben wird. Vor einigen Monaten berichtete ich davon, dass ein Befehlshaber der Revolutionsgarden gesagt hat: „Unser Projekt wird die Welt sehr bald erschüttern.“
CB: Beängstigende Zeiten. Vor allem wenn Amerika Appeasementpolitik macht und nichts von dem unternimmt, was wir tun können und sollten um diesem Albtraum ein Ende zu setzen. Um zu versuchen, dieses Interview zu einem einigermaßen positiven Abschluss zu bringen, welche Botschaft haben Sie – diesmal nicht an die amerikanische Regierung, sondern an das amerikanische Volk – darüber, was wir tun können und müssen um dem iranischen Volk zu helfen, dieses Regime zu stürzen?
RK: Nun ich würde erstmal jedem hier in Amerika erklären, dass die Ereignisse im Nahen Osten und die Strategie des iranischen Regimes unsere Wirtschaft, unsere Sicherheit, jeden Aspekt unseres Lebens hier in Amerikas beeinträchtigen. Dieses Problem zu lösen sollte unsere oberste Priorität sein und zwar es unverzüglich zu lösen. Die Menschen sollten ihre Abgeordneten anrufen und dazu auffordern, dass sie das iranische Volk bei seinen Bemühungen unterstützen, das Regime zu stürzen und eine ordentliche, rechtsstaatliche Regierung zu etablieren. Das Volk sollte auch die Amerikaner iranischer Herkunft unterstützen, die unermüdlich daran arbeiten, den Kongress und die amerikanische Regierung auf das Problem aufmerksam zu machen. Und schließlich sollten die Amerikaner helfen, das iranische Volk wissen zu lassen, dass wir ihr Streben nach Freiheit unterstützen und dass wir sie ermutigen, das Regime zu stürzen.
CB: Reza, ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Sie sich die Zeit genommen haben, sich heute mit mir zu unterhalten. Es war äußerst informativ.
RK: Ich danke Ihnen dafür und für Ihre Zeit.
Kleine Ergänzung. Das Buch „A time to betray“ von Reza Khalili erscheint ab dem 14. Juli auf Deutsch unter dem Titel „Feind im eigenen Land: Mein Doppelleben als CIA-Agent bei den Iranischen Revolutionsgarden“. Hier der Link zu Amazon:
http://www.amazon.de/Feind-eigenen-Land-Doppelleben-Revolutionsgarden/dp/3868831533/ref=sr_1_3?ie=UTF8&qid=1309006452&sr=8-3