In Faisalabad fielen Rashid Emmanuel und Sajid Masih einem Akt der Selbstjustiz zum Opfer. Beim Verlassen des Gerichtsgebäudes wurden sie von Extremisten erschossen. Ihnen wurde Allahslästerung vorgeworfen. Grund genug, um sie auch ohne gerichtliche Verurteilung zu töten, so die Meinung der Fanatiker.
Flutkatastrophe, Not, Elend, Korruption und religiöser Fanatismus – diese Themen bringen wir mit Pakistan in Verbindung. Ein Ende der tragischen Berichterstattung aus diesem Land ist nicht absehbar. Denn auch Nachrichten über Gewalt gegen religiöse Minderheiten wie Bahai, Ahmadiyya und vor allem Christen häufen sich.
Blasphemie-Gesetz als Quelle der Diffamierung: Immer wieder werden Angehörige der christlichen Minderheit durch radikale Islamisten unter dem Vorwand der Gotteslästerung angegriffen und sogar getötet. Das seit 1986 bestehende “Blasphemie-Gesetz” bietet dazu leider auch eine juristische Handhabe. Angriffe auf den Koran oder Beleidigung des Propheten Mohammed werden gemäß Artikel 295 des pakistanischen Strafgesetzbuchs mit lebenslanger Haft beziehungsweise der Todesstrafe geahndet. Bisher hat der pakistanische Staat in solchen Fällen noch kein Todesurteil vollstreckt. Doch allein die Möglichkeit einer Anzeige wegen Blasphemie hat für Christen schwerwiegende Folgen. So ereignete es sich in einem Fall, als ein Moslem und ein Christ um ein Darlehen und um ein Grundstück stritten. Schließlich zeigte der moslemische Schuldner den Christen wegen Beleidigung des Propheten Mohammed an. Das Ergebnis dieser haltlosen Anschuldigung: Der muslimische Schuldner musste das Geld nicht zurückerstatten. Zudem erhielt er das umstrittene Grundstück. So werden politische Gegner, die man ausschalten will, kurzerhand der Blasphemie bezichtigt. Die Nachbarn, deren Haus man für sich will, der Händler, dessen Geschäft oder Arbeitsplatz man begehrt, werden einfach denunziert. Absurde Anklagen werden erhoben, alle gedeckt vom pakistanischen Strafrecht. Es herrscht geradezu ein Klima der “Verleumdung im Namen Allahs”.
Erhebt die Staatsanwaltschaft öffentliche Anklage wegen Blasphemie, so birgt dies angesichts der Strafandrohung und des Volkszorns große Gefahren. Denn gemäß Scharia-Recht zählt die Stimme eines Christen vor Gericht nur die Hälfte; Christen sind Ungläubige und solchermaßen Bürger zweiter Klasse. Regelmäßig verurteilt sie die Justiz, obschon die Anschuldigungen unhaltbar sind und stichhaltige Beweise fehlen. Vergewaltigungen, Zwangsverheiratungen und Zwangsbekehrungen christlicher Frauen durch muslimische Männer werden von der Justiz kaum verfolgt. Zeigt eine Christin eine Vergewaltigung oder Entführung an, so kommt es häufig vor, dass sie selbst wegen Ehebruchs angeklagt wird. Für Christen ist die Lage in Pakistan insgesamt sehr unsicher. Vermehrt werden sie auch massiv unter Druck gesetzt und zu einem Übertritt zum Islam gezwungen.
Verächtlicher Mord: Ein weiteres tragisches Beispiel dafür, wie der Blasphemie-Paragraph instrumentalisiert und gegen Christen eingesetzt wird, zeigt die Ermordung Rashid Emmanuels und Sajid Masihs. Beide wurden am 19. Juli 2010, als sie das Gerichtsgebäude von Faisalabad unter Polizeischutz verließen, erschossen. Den Mord begründeten die Fanatiker mit dem Blasphemievorwurf. Rashid und Sajid wurde zur Last gelegt, sie hätten ein von ihnen unterzeichnetes Schriftstück, das den Islam und den Propheten diffamiert, in Umlauf gebracht. Sie mussten sich deshalb vor der Justiz rechtfertigen. Da die Anklagepunkte nicht ausreichten, wurde das Verfahren eingestellt. Währenddessen tobte jedoch eine von Islamisten aufgewiegelte Menschenmenge im Viertel, wo hauptsächlich Christen leben. Sie riefen: “Hängt die Lästerer auf!”. Als die beiden Christen unter Polizeischutz das Gerichtsgebäude verließen, eröffneten fünf maskierte Männer das Feuer und töteten beide. Die Täter entkamen unerkannt. Als christliche Bewohner des Viertels ihrem Entsetzen über die Ermordung in einer spontanen Demonstration Luft machen wollten, wurden sie von Polizeikräften mit Tränengas beschossen.
Entfesselter Volkszorn – “Religions-Apartheid”: Das Blasphemie-Gesetz macht Übergriffe auf Christen erst recht möglich. Sie teilt die pakistanische Gesellschaft in zwei Klassen und ist gewissermaßen der Ausgangspunkt für eine Art “Religions-Apartheid”. CSI fordert deshalb die Abschaffung der Blasphemie-Gesetze. Denn sie verletzen die verfassungsmäßig garantierten Menschenrechte und verstoßen gegen das Recht auf freie Religionsausübung. Außerdem fordert CSI, dass die Schuldigen verfolgt werden und eine gerechte Strafe erhalten.
{Quelle: CSI Deutschland}