kopten ohne grenzen

Durch Gebet und Wort für verfolgte Kopten

1001 Chronik: Sieben Jahre 1001Geschichte.de 22. November 2010

Filed under: Reportagen — Knecht Christi @ 02:31

Terry (Tunesien): Meine Liebe war mein Unglück

 

Ich war 32, als ich mich im Urlaub in Tunesien Hals über Kopf in einen sehr hübschen Polizisten verliebte. Das kam so: Meine zwei Freundinnen und ich hatten einen Mietwagen im Hotel gebucht und wollten einfach so, damit durchs Land fahren um viel zu sehen. Das haben wir auch. Unsere Tour ging von Djerba aus, über Medenine bis hinauf nach Kairouan. Die Reise war schön und interessant. Auf der Rückreise am Römerdamm, der das Festland mit der Insel Djerba verbindet gibt eine Polizeikontroll-Station. Wir mussten anhalten und aussteigen. Es war schon ziemlich spät und dämmerte. Ein junger, sehr gutaussehender Polizist durchsuchte unser Auto – was er suchte – keine Ahnung, wir hatten außer unserem Dreitages-Gepäck nichts dabei. Er lief dann mehrmals um das Auto herum und verlangte dann schließlich unsere Papiere. Als er alles in seinem Kabuff kontrolliert hatte, gab er sie uns zurück. Als die Reihe an mir war, schaute er mir ganz intensiv in die Augen. Nun wusste ich ja, dass das eine anständige Tuneserin nicht macht, und senkte die Augen brav nieder. Er sagte mit seiner rauchigen, dunklen Stimme „Bonsoir Madame“ und mir wurde ganz anders. Die nächsten zwei Tage ging mir der schmucke Polizist nicht aus dem Kopf, ich lenkte mich schließlich ab und vergaß ihn. In der Woche darauf wollten wir nochmals für einen Tag ein Auto mieten. Ich nahm also meinen Pass mit, als ich ihn öffnete, fiel ein Zettel heraus. „S’il vous plaît appelez-moi. Vous êtes la femme que je cherchais“  stand darauf und eine Telefonnummer.

Ich zeigte den Zettel meinen Freundinnen und beide sagten sofort, ich sollte ihn anrufen. Ich zögerte etwas, aber am Abend als wir im Hotel waren, wählte ich die Nummer. Da war sie wieder, diese tolle Stimme. Ich verabredete mich mit ihm für den nächsten Tag am Nachmittag in Midoun vor dem Cafe am Marktplatz. Als ich dort ankam, sprang er sofort auf und kam mir entgegen. Beinahe hätte ich ihn nicht erkannt, er war in Zivil. Wir tranken zusammen einen Cappuccino und dann fragte er mich, ob ich mit ihm eine Spazierfahrt machen wolle. Nun ja, ich sagte okay, schließlich war er Polizist, was sollte mir schon passieren? Wir fuhren mit seinem Auto (ein uralter kleiner Fiat) an einen abgelegenen Strand und setzten uns dort in den Sand. Wir erzählten von Gott und der Welt. Sein Französisch war nicht perfekt, aber es reichte für eine Unterhaltung. Er sagte mir dann auch, dass er mich am Römerdamm gesehen habe und sofort wusste, dass ich die Frau seines Lebens sei.

Er sei nun fast dreißig und müsse nun heiraten. Ich weiß nicht, was passiert ist, ich verliebte mich Hals über Kopf und schon zwei Tage später landete ich in seinem Zimmer und in seinem Bett. Es war um mich geschehen. So etwas war mir noch nie passiert. Ich hatte eine gescheiterte Beziehung hinter mir und war seit einem halben Jahr solo. Zwei Tage später stand unsere Abreise an und ich war nur noch am Heulen. Mansour kam zum Flughafen um sich zu verabschieden. Da er in Uniform war, konnte er mich nicht küssen, aber das war auch gut so, sonst hätte ich wohl noch angefangen zu heulen.

Kaum zuhause angekommen, kam schon der erste Anruf. Wir telefonierten täglich und vier Wochen später flog ich einfach mal so für ein langes Wochenende hin. Mein Job als Immobilienmaklerin erlaubt es mir, auch mal ein, zwei Tage dranzuhängen. Das wiederholte ich alle vier Wochen und jedesmal verbrachten wir eine wunderbare Zeit in einem kleinen Haus am Strand, das einem Freund gehörte. Als Dank für die kostenlose Nutzung spendierte ich eine Waschmaschine, die wir dort kauften. Nur, so konnte es nicht weiter gehen.

Als Polizist, so sagte er mir, sei es ihm nicht erlaubt, das Land zu verlassen, es sei denn, er quittiert seinen Dienst, wir heiraten und er kommt nach Deutschland. Gesagt getan, ein halbes Jahr später, er hatte inzwischen einen Deutschkurs gemacht, stand er mit Sack und Pack am Frankfurter Flughafen. Ich war überglücklich. Wir heirateten und ich besorgte ihm einen Job in meiner Firma als Security. Alles perfekt! Dann wurde ich schwanger und alles änderte sich abrupt. Mein vorher so sanftmütiger Mansour entwickelte sich zum Tyrannen. Er verbot mir jeglichen Kontakt mit Männern (in meinem Job unmöglich), rastete jedes Mal aus, wenn ich telefonierte und bestimmte fortan über „unser“ Einkommen. Sein komplettes Gehalt ging Monat für Monat nach Tunesien (für ein Haus für uns) und von meinem lebten wir.

Als unser Sohn geboren wurde, ließ er ihn sofort im Beisein eines Imam beschneiden und ich begriff nicht, dass der Mann, den ich liebte, plötzlich zum gläubigen Moslem wurde. Ein paar Tage vorher tranken wir am Abend noch eine Flasche Wein zusammen. Selbstverständlich verbot er von nun an jeglichen Alkoholgenuss in „seinem“ Haus. Freunde blieben weg und meine Familie kam immer seltener. Da ich als Maklerin zum Teil von Provisionen lebte, wurden meine Einkünfte natürlich auch weniger, weil ich nicht mehr so arbeiten konnte wie früher. Dafür, dass ich dann weniger verdiente, beschimpfte er mich. Ich schlug vor, dass wir kein Geld mehr nach Tunesien schicken. Da rastete er abermals aus und warf mir vor, ich würde sein Leben ruinieren. Er durchwühlte meine Taschen nach Bargeld, steckte es ein und verschwand. Erst vier Tage später kam er zurück. Wo er war, weiß ich bis heute nicht. Das geschah dann öfter. Er tauchte immer mal ab, fast schon regelmäßig. Seinen Job in meiner Firma hat er hingeschmissen. Woher er dann Geld hatte, weiß ich nicht. Irgendwann hielt ich das nicht mehr aus und reichte nach einem Jahr die Scheidung ein.

Meine Liebe zum ihm war durch diese vielen Demütigungen erloschen. Ich konnte nicht mehr. Natürlich akzeptierte er das nicht und so blieb mir nichts anderes übrig als ein neues Leben ohne ihn zu beginnen. Mein Boss ermöglichte es mir, eine Filiale unserer Immobilienfirma in einer anderen Stadt zu übernehmen. Das gute Gehalt erlaubte mir eine Haushaltshilfe, die sich tagsüber um meinen Sohn kümmerte. In meiner Firma spielten alle mit. In einer Nacht und Nebel-Aktion, als er mal wieder nicht da war, verließ ich mit meinem Kind, einem Möbelwagen und der Hilfe meiner Kollegen und einigen Freunden die Stadt.

Meine neue Adresse erfuhr er erstmal nicht. Beim Einwohnermeldeamt reichte ich eine Auskunftssperre ein und dann verkaufte ich mein Haus und er musste ausziehen. Das wickelte alles mein Chef ab – ein toller Mann! Ich weiß nicht, wo Mansour abgeblieben ist. Den Scheidungstermin hat er verpasst. Den zweiten Termin auch. Ich wurde in Abwesenheit von ihm geschieden. Ich rief seine Familie in Tunesien an und sagte ihnen, dass wir geschieden sind und dass ich das Geld (es waren inzwischen so 20.000 Euro) zurück haben wollte. Sie sagten, sie wüssten nichts von Geld und sie wüssten auch nicht, wo Mansour sei. Vier Wochen nachdem die Scheidung rechtkräftig war, fand ich einen Zettel in meinem Briefkasten.

„Habiba, ich weiß wo Du bist, pass gut auf Dich und meinen Sohn auf“. Ich ging zur Polizei. Da aber niemand seinen Aufenthaltsort kannte, konnte ich nichts tun. Ich zog wieder um und habe nun seit zwei Jahren nichts von ihm gehört. Inzwischen habe ich einen neuen Partner, der mich beschützt und meinem Sohn ein liebevoller Vater ist. Aber jedes Mal wenn ich einem Araber auf der Straße begegne, der meinem Ex ähnlich ist, läuft mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. {www.bezness.de – Hier eine kleine Gästebuchauswahl aus den Anfängen. Hier Ausschnitte zahlreicher Veröffentlichungen in den Medien}

Viel ist inzwischen passiert: Aufgrund Hunderter Zuschriften zu meinem Buch “Sand in der Seele” hatte ich eines Tages die Idee, eine Website für Bezness-Opfer zu gestalten. Zunächst war diese Idee nur in meinem Kopf, aber langsam formierte sie sich zu einem Bild. Ich beauftragte eine Webdesignerin, all das technisch umzusetzen, was in meiner Vorstellungskraft bereits feste Formen angenommen hatte. Und so entstand 1001Geschichte.de und wurde Ende Februar 2003 ins Netz gestellt. Inzwischen wurde die Seite zweimal neu gestaltet und hat nun ihr endgültiges Design.

Zahlreiche Glückwünsche und positive Resonanzen: Innerhalb kürzester Zeit waren zahlreiche Betroffene auf der Seite und die Diskussionen begannen. Auch die wahren Geschichten ließen nicht lange auf sich warten. Spätestens alle 14 Tage konnte eine neue Geschichte veröffentlicht werden und es dauerte auch nicht lange bis ich einige fleißige Mitstreiterinnen als Moderatoren gewinnen konnte, denn inzwischen war es mir unmöglich, die Seite neben meinem Hauptberuf alleine zu betreuen. Mit soviel Ansturm hatte ich nicht gerechnet.

Die Medien wurden aufmerksam: Nun dauerte es nicht lange und die ersten Medien wurden neugierig. Allerdings musste immer „Sand in der Seele“ herhalten, wenn es darum ging, auch 1001Geschichte in die Schlagzeilen zu bekommen. Das Eine ist mit dem Anderen untrennbar verbunden, denn nur die Tantiemen aus dem Buch ermöglichten es mir, dieses Projekt zu finanzieren.

Die Interessengemeinschaft CiB: Die Gründung der Interessengemeinschaft CIB war vorprogrammiert und zwangsläufig. Auch hier gab es täglich enormen Zulauf. Innerhalb eines halben Jahres hatten sich mehr als 150 betroffene Frauen und auch einige Männer angeschlossen. Aber auch zahlreiche Menschen, die einfach nur helfen wollten, fanden den Weg zu uns.

Erste Erfolge: Was 1001Geschichte und auch CIB wirklich erreicht haben, spielte sich natürlich nicht in der Öffentlichkeit oder im Forum von 1001Geschichte ab. So konnten wir vielen Frauen durch unsere Aufklärungsarbeit das Schlimmste ersparen. Wir konnten misshandelten Frauen helfen, sich von ihren Peinigern zu befreien. Wir haben zahlreichen Frauen den richtigen Weg im Umgang mit ihrem orientalischen Mann gezeigt und wir haben mit Hilfe einiger Beziehungen, die sich durch 1001Geschichte ergaben, drei Kinder zurückholen können, die von ihren Vätern in den Orient verschleppt wurden. Sehr viele Dankesbriefe und Mail’s erreichten die Redaktion. Auch im Forum bedanken sich immer mehr Betroffene für den Beistand und die Hilfe, die ihnen zuteil wurde.

Schwarze Liste: Seit Gründung der Seite führten wir die so genannte „Schwarze Liste“. Auch hier war es von Anfang an erstaunlich, wie viele Frauen doch die Möglichkeit nutzten, nachzufragen ob der neue Bekannte aus diesen Ländern bereits aufgefallen war. Heute ist die Schwarze Liste zur Institution geworden, die tagtäglich mehrfach genutzt wird. Insgesamt haben wir Tausende von Anfragen und mehr als 1500 gemeldete “Beznesser”. Auch konnten wir anhand der Liste bereits mehrere „Beznesser“ entlarven und viele Frauen vor ihren neuen Bekanntschaften warnen und die Betroffenen zum Erfahrungsaustausch zueinander führen.

Die erste Auszeichnung: Im Jahr 2005 wurde 1001Geschichte erstmals ausgezeichnet. Sie darf sich seither zu den 6.000 besten deutschen Webseiten zählen. Auch für 2009 wurde uns diese Auszeichnung zuteil. Das erste Treffen der CIB-Interessengemeinschaft: Schon beim ersten Treffen der CiB- Mitglieder wurde deutlich, wie sehr doch alle im gleichen Boot saßen, wie verbunden wir uns fühlten und wie wichtig es war, dass CiB zur festen Institution werden muss. So wurde der Gedanke an einen eingetragenen Verein geboren und dank des unermüdlichen Einsatzes meiner Mitstreiter/innen konnte CiB e.V. im November 2005 in das Vereinsregister eingetragen werden und wurde als „gemeinnützig“ anerkannt. (siehe dazu unsere Seite (CiB e.V.)

Zunehmende Anerkennung: Zahlreiche Behörden, Institutionen und Verbände verweisen inzwischen auf uns, wenn es “brennt“ und Bezness- Opfer Hilfe benötigen. Insbesondere Ausländerbehörden geben heiratswilligen Frauen und frisch Verliebten, die ihre Einladungen zur Behörde bringen, die Adresse 1001Geschichte gerne weiter. Anwälte, Polizei und einige Botschaften arbeiten bereits mit uns zusammen.

Das erste CiB e.V. – Mitglieder –Treffen: Am 18. März 2006 war es soweit. Die seit der Vereinsgründung eingetragenen Mitglieder trafen sich in der Mitte Deutschlands. Auf diesem ersten Treffen wurden die Initiativen besprochen, die CiB e.V. noch in diesem Jahr durchziehen wollte und auch durchzog. Ende März 2007 trafen sich die Mitglieder von CiB e.V. zur 2. Mitgliederversammlung. Die dritte MV fand im April 2008 statt. Die Mitgliederzahl hat sich inzwischen verdreifacht. Auf der MV 2009 wurde der neue Vorstand gewählt. (siehe Impressum CiB e.V)

Erfolge: Im Oktober 2007 wurde „Bezness“ vom Menschenrechtsbund in der Deutschen Liga für Menschenrechte e.V. als Menschenrechtsverletzung anerkannt. Auch die Ausländer- und Polizeibehörden, in unseren Nachbarländern, sowie die Schweizer Botschaften arbeiten inzwischen (wenn es brennt) mit CiB e.V. zusammen. Neben ständiger Öffentlichkeitsarbeit (Zeitungsberichte, Fernsehsendungen) etc., die Aufklärung brachten, wurden Petitionen verfasst und Eingaben an die entsprechenden Behörden gemacht. CiB e.V. möchte erreichen, dass Bezness-Opfer künftig mehr Chancen haben, Gerechtigkeit zu erfahren, was ihnen bis heute versagt bleibt. Bezness soll u. A. als Betrug anerkannt werden. Siehe dazu unsere Powerpoint-Präsentation (Menue). Dafür kämpfen wir und dafür stehen wir mit unserer ganzen Kraft. Gemeinsam sind wir stark!

Herzlich – Ihre Evelyne Kern

 

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