Wiedermal spricht Bischof Damian glasklare Takte
Wenn ein Mann wahrlich glaubt, dann baut er Gott ein Haus mit seinen eigenen Händen: Die Holztür eines Barockklosters öffnet sich. Eisenbeschläge quietschen. Draußen regnet es. Wir treten ein. Ein singender Kamin wärmt den Raum, Sturm jault im Gemäuer des Schornsteins. Es riecht nach glühendem Holz. „Herzlich willkommen!“, sagt Bischof Damian. Grauer Bart, mildes Lächeln, fester Händedruck, gemütlicher Bauch. Ein Arzt, der zum Mönch wurde. „Als Röntgenspezialist habe ich viele Menschen gesehen, die äußerlich wunderschön waren und innerlich todkrank. Ich habe über die Endlichkeit des Lebens nachgedacht und zu Gott gefunden“.
= Wer sind die Kopten?
Eine der ältesten Kirchen der Welt! Der Apostel Markus gründete sie im ersten Jahrhundert in Ägypten, war ihr erster Papst. Zwölf Millionen Kopten gibt es weltweit, die meisten davon in Ägypten. Rund 6000 leben in Deutschland. Die Kopten erfanden das Mönchtum und verloren Millionen Glaubensbrüder an Gewalt und Verfolgung. Bis heute harren sie als Christen in der muslimischen Welt Ägyptens aus. Wegen ihrer langen Bärte werden sie in Deutschland nicht immer gleich als Christen erkannt.
= „Manchmal rufen mir Kinder ‚Hallo, Osama bin Laden’ auf der Straße nach“, erzählt Bischof Damian, während wir durch die hellen, hallenden Gänge des Klosters gehen.
„1993 war das alles hier eine Ruine. Wir haben das Kloster für eine symbolische D-Mark vom Land Nordrhein-Westfalen gekauft. Überall waren Abfall, Schrott, tote Tiere, leere Flaschen. Wände, Dächer, Balken – alles war verfallen und kaputt. Mit Helfern aus Ägypten haben wir das hier wieder aufgebaut. Lehmziegel geformt, verputzt, geschreinert. Mit unseren eigenen Händen“.
= Wir setzen uns in den Esssaal des Klosters. Frisches Brot, dampfende Suppe, roter, kalter Tee, ein gemurmeltes Tischgebet. Die gefalteten groben Hände eines arbeitenden Mannes. Beim Essen sprechen wir über das wichtigste, gefährlichste Thema unserer Zeit – den Dialog zwischen Christen und Moslems. „Seit dem siebten Jahrhundert leben wir Kopten mit den Moslems. Wir kennen ihre Mentalität. Wir wissen, wie sie denken. Wir können die Brücke des Friedens sein zwischen Islam und Christentum“, sagt der Bischof.
= Was kann die westliche Welt tun, Herr Bischof?
„Hass und Aggression sind eine Sprache, die wir Christen niemals verwenden dürfen. Nächstenliebe ist unser Reichtum, unser Schatz. Wenn ein Moslem in Ägypten Geld braucht, um seine Tochter zu verheiraten, dann kommt er zu uns und wir helfen. Wir haben die Pflicht, diese Kultur der Nächstenliebe zu verbreiten“.
= Was genau müssen wir verbreiten?
„Bildung und Sprache! Viele Menschen in der muslimischen Welt sind ungebildet, können nicht lesen. Sie ziehen ihr Wissen nicht aus Büchern, sondern aus dem Freitagsgebet. Wir müssen Bildung in die Welt tragen, damit eine gemeinsame Sprache entsteht. Wir müssen uns zum Beispiel einigen, was ‚Märtyrer’ bedeutet. Menschen, die für uns Terroristen sind, gelten in Teilen der islamischen Welt als Helden. Bisher reden Christen und Moslems völlig aneinander vorbei“.
= Was muss die islamische Welt noch über das Christentum lernen?
„Sie müssen lernen, die Großzügigkeit der Christen anzunehmen und nicht als Schwäche zu deuten“.
= Was müssen wir lernen?
„Wir müssen in unserem christlichen Glauben standhaft sein, um einen Dialog führen zu können. Man kann nicht für sich sprechen, wenn man auf wackeligen Beinen steht. Dass der Islam unter uns ist, sollte uns Anlass geben, auf die Traditionen und Stärken unseres eigenen Glaubens zu blicken“.
= Wie sieht der Bischof die Zukunft?
„Die Welt ist zu einem Dorf geworden, in dem wir alle leben müssen. Die Europäer sind in der Verantwortung, Menschen auszubilden, ihre Herzen zu öffnen. Der Islam muss lernen, Kritik anzunehmen. Mein Ziel ist es, die These zu verbreiten, dass jeder Mensch frei ist. Dass jeder Mensch seine Religion ausüben und wechseln darf, ohne bestraft zu werden. Gott hat uns die Freiheit gegeben, und niemand darf sie uns wegnehmen“.
Als wir am späten Nachmittag fahren, hat es aufgehört zu regnen. Durch lila Wolken fällt die Sonne in breiten goldenen Scheiben. „Gottesstrahlen“ nennt man dieses magische Licht. {Quelle: http://www.bild.de – Von Julian Reichelt – Das Kloster der Kopten in Höxter (bei Paderborn, NRW)}