„Sie zeigten mir ein fotokopiertes Blatt Papier, auf dem stand: „Seit den Wahlen versuchen einige Leute, Chaos und Unruhe zu verbreiten. Es ist erforderlich, unverzüglich Maßnahmen zu ergreifen, um die Drahtzieher und ihre Komplizen zu identifizieren“. Das hörte sich ziemlich merkwürdig für mich an. Ich fragte: „Was hat das denn mit mir zu tun“? Sie erklärten, dass das ein Haftbefehl ohne Nennung der gesuchten Person sei. Dann brachten sie mich zum Wagen“. So beschrieb Shiva Nazar Ahari, eine iranische Menschenrechtsverteidigerin, ihre am 14. Juni erfolgte Festnahme durch Mitarbeiter des Geheimdienstministeriums.
Das Jahr begann mit dem Beschuss Gazas durch Kampfflugzeuge der israelischen Luftwaffe im Rahmen eines 22 Tage andauernden Militäreinsatzes, bei dem Hunderte von Palästinensern getötet wurden, und es endete mit zunehmender Repression im Iran, als wieder Tausende von Demonstranten auf die Straße gingen, um gegen das umstrittene Ergebnis der Präsidentschaftswahlen und das darauf folgende gewaltsame Vorgehen gegen Andersdenkende und Oppositionelle zu protestieren. Beide Fälle illustrierten auf unterschiedliche Weise, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden müssen, wenn ein Kreislauf von Menschenrechtsverstößen durchbrochen werden soll. Beide Fälle zeigen aber auch, welche Hindernisse auf dem Weg zur Erreichung dieses Ziels noch zu überwinden sind. Nach dem Konflikt in Gaza stellte eine UN-Untersuchung fest, dass beide Konfliktparteien, sowohl Israel als auch die Hamas, Kriegsverbrechen und möglicherweise Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen haben, und forderte beide auf, wirksame Untersuchungen durchzuführen und die Täter zur Verantwortung zu ziehen. Bis Ende 2009 hatte jedoch keine der beiden Seiten effiziente Schritte unternommen, um dieser Forderung nachzukommen. (more…)