Eine Armenierin erzählt von ihren Erfahrungen mit türkischen Landsleuten
Natürlich kannte ich die Geschichten meiner Tante, die Überlebende des Genozids war und nur durch viel Glück dem Tod bzw. der Mädchen-Sklaverei (Vergewaltigung) entging. Sie konnte in der Nacht nicht schlafen, ging in den Stall, um nach den Tieren zu sehen, sie bemerkte Gestalten auf das Haus zugehen, bekam Angst und versteckte sich hinter einem Steinhaufen. Die Gestalten waren die türkischen Nachbarn, mit denen sie zusammen gelebt hatten und die nie böse waren. Sie zerrten ihre schwangere Schwester, ihren Ehemann und die Eltern aus dem Haus. Man fragte, wo meine Tante sei und ihr Schwager sagte, sie sei zu Verwandten, um eine Tante zu pflegen. Die Nachbarn, die man seit Geburt kannte, erschlugen ohne Warnung ihre Eltern, hielten die Schwester fest und schlitzten den schwangeren Bauch auf, zerrten das ungeborene Kind heraus, hielten es der Sterbenden vor die Augen und schlugen es auf den Boden. Ihr Schwager wurde an Armen und Beinen gefesselt und gevierteilt. Meine Tante kroch im Schutze der Dunkelheit davon und hat sich nach vielen Tagen in Sicherheit bringen können.
Dies war für mich Geschichte, erlebte Vergangenheit, wie der Holocaust, von dem wir in der Schule lernten. Diese Dinge waren für mich immer Erinnerungen, aus denen die Menschheit für die Zukunft gelernt hat, um nie wieder derart menschenverachtende Ideologien zu dulden oder zu tolerieren. Als Deutsche mit armenischen Wurzeln hatte ich nie irgendwelche Probleme mit anderen Menschen, bis zu meiner Teenager-Zeit Mitte der 80er-Jahre. (more…)