kopten ohne grenzen

Durch Gebet und Wort für verfolgte Kopten

Kurdenkonflikt spitzt sich wieder zu 20. Juni 2010

Filed under: Von hier und dort — Knecht Christi @ 01:59

Spekulationen über Israels Verbindungen zur PKK

Noch 2009 schien eine friedliche Lösung des Kurdenkonflikts in der Türkei nahe: Die Regierung in Ankara lockerte kurdischen Sprachverbote, erlaubte kurdische Fernsehsender, kündigte Milliardeninvestitionen in den verarmten Siedlungsgebieten der Kurden im Südosten an und versprach reuigen Rebellen der Guerillaorganisation PKK Straffreiheit. Und der zu lebenslanger Haft verurteilte PKK-Chef Abdullah Öcalan bot sich als Vermittler an.

Friedensprozess festgefahren: Doch der Friedensprozess ist festgefahren, der Konflikt eskaliert. Kaum ein Tag vergeht ohne Anschläge der PKK und blutige Gefechte. Am Mittwoch wurden in der Südostprovinz Sirnak zwei Soldaten bei einem Schusswechsel mit PKK-Rebellen getötet. Bei der Ortschaft Uludere starb ein Soldat durch einen Sprengsatz, den vermutlich die PKK gelegt hatte. Erst am vergangenen Freitag konnte die Polizei einen womöglich verheerenden Anschlag vereiteln: In der Ortschaft Buca stellten Fahnder ein Auto mit 50 Kilo Sprengstoff sicher. Nachdem die türkische Luftwaffe bereits im Frühjahr mehrfach mutmaßliche Stellungen der PKK im Nordirak bombardierte, stießen am Mittwoch Bodentruppen über die Grenze vor und töteten vier Aufständische. Seit Mitte April sind 50 Menschen im Kurdenkonflikt ums Leben gekommen. Ende Mai hatte Öcalan seine Friedensbemühungen eingestellt. Er warf der Regierung vor, sie habe ihn ignoriert. Damit scheint in der PKK der militante Flügel, der weiterhin auf den bewaffneten Kampf setzt, die Oberhand zu gewinnen. Ministerpräsident Tayyip Erdogan, der mit seiner Kurdenpolitik nicht nur bei der nationalistischen Opposition, sondern auch in der eigenen Partei auf Skepsis stößt, will dessen ungeachtet auf Kurs bleiben: „Wir sind entschlossen, trotz des Terrors an diesem Friedensprozess festzuhalten“. Derweil bekommt der Konflikt eine brisante außenpolitische Dimension. Seit der israelische Angriff auf die Gaza-Hilfsflotte und der Tod von neun türkischen Aktivisten die Beziehungen der Türkei mit Israel auf einen neuen Tiefpunkt gebracht hat, wird in Ankara über mögliche Verbindungen israelischer Stellen zur PKK spekuliert. Greifbare Beweise für einen solchen Zusammenhang gebe es zwar bisher nicht, schränkte Innenminister Besir Atalay ein, hat aber Ermittlungen angeordnet.

Tatsächlich haben der israelische Geheimdienst und das Militär in der Vergangenheit immer wieder punktuell mit kurdischen Guerillagruppen kooperiert und sie für ihre politischen Ziele instrumentalisiert. So unterstützte Israel in den 1960er Jahren militante irakische Kurden, um das zunehmend Israel-feindliche Regime in Bagdad zu destabilisieren. Es ist auch ein offenes Geheimnis, dass vor der US-Invasion im Irak 2003 neben amerikanischen und britischen Agenten auch israelische Spezialisten die irakischen Kurden im Norden des Landes mit Training und Material auf ihre Rolle als Verbündete der Invasoren vorbereiteten.

Aktive Unterstützung der PKK? Es gibt ebenfalls Hinweise auf eine Zusammenarbeit israelischer Stellen mit dem iranischen Ableger der PKK, der PJAK, die im Nordwesten des Iran für Autonomie kämpft. Ob der israelische Geheimdienst nun auch die PKK aktiv unterstützt, um die Regierung Erdogan zu schwächen, ist eine in der Türkei heiß diskutierte Frage.

Rassistische Diskriminierung


Verstärkte Ausbeutung, Verbote und Schikanen gegen kurdische Wanderarbeiter in Schwarzmeerregion

Kurdische Wanderarbeiter sehen sich in der Schwarzmeerregion der Türkei zunehmender rassistischer Diskriminierung ausgesetzt. 150000 bis 200000 Saisonarbeiter aus Städten wie Urfa, Batman, Diyarbakir, Antep und Mardin kommen alljährlich im Sommer zur Haselnussernte in die Schwarzmeerregion. Ein Großteil der Helfer muss alljährlich in Zelten ohne jede Infrastruktur leben. Für einen bis zu 18stündigen Arbeitstag bekommen sie einen Hungerlohn von umgerechnet neun Euro. Einheimische Arbeiter erhalten dagegen rund 12,50 Euro. Bis zu 10% ihres mageren Verdienstes müssen Arbeiter aus Urfa oder Batman noch an Vermittler zahlen, die sie in die Schwarzmeerregion bringen.

Nun haben örtlichen Unternehmer und Plantagenbesitzer beschlossen, die kurdischen Arbeiter auf »schwarze Listen« zu setzen und statt dessen verstärkt Saisonkräfte aus Georgien anzuwerben. Die Kurden werden pauschal beschuldigt, Unterstützer der Arbeiterpartei Kurdistans, PKK, zu sein. Zu Unruhen war es in der Region gekommen, nachdem Mitte April ein türkischer Faschist in der Schwarzmeerstadt Samsun dem ehemaligen Vorsitzenden der verbotenen prokurdischen Partei für eine demokratische Gesellschaft, DTP, Ahmet Türk, vor laufenden Fernsehkameras mehrfach ins Gesicht geschlagen und die Nase gebrochen hatte, ohne daß daneben stehende Polizisten eingriffen. Ein PKK-Kommando hatte wenige Tage später bei einer „Vergeltungsaktion“ zwei Polizisten in Samsun erschossen.

Kurdische Erntehelfer, die in die Schwarzmeerprovinzen reisen, sollen jetzt einer strengen Kontrolle unterworfen werden. Dies wurde nach Informationen der kurdischen Agentur Firat, auf einem „PKK-Gipfel“ im Mai in Giresun beschlossen, an dem Vertreter von Polizei und Geheimdienst sowie hochrangige Militärs aus den Schwarzmeerstädten sowie aus Istanbul und kurdischen Provinzen teilnahmen. Die Eigentümer der Haselnussfelder wurden vom Staat angewiesen, die Personalien ihrer kurdischen Arbeiter der Provinzdirektion für Landwirtschaft, den örtlichen Regierungsbehörden und den Sicherheitskräften zu melden. Ein eigenes Geheimdienstnetzwerk zur Überwachung der Saisonkräfte wird aufgebaut. Und das bereits in den kurdischen Landesteilen seit den 80er Jahren praktizierte Dorfschützersystem mit vom Staat bezahlten und bewaffneten Milizen wird nun auch auf die Schwarzmeerregion ausgeweitet. Vor allem Dörfer von Kurden und der religiösen Minderheit der Aleviten sollen so einer besonderen Kontrolle durch bewaffnete Aufseher unterstellt werden. Bereits im Sommer 2008 hatte der Gouverneur der Provinz Ordu mit einem Erlass kurdischen Erntehelfern das Betreten der Stadt Ordu verboten. Prokurdische und sozialistische Parteien hatten dies als „Apartheid“ kritisiert.

 

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