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Durch Gebet und Wort für verfolgte Kopten

Droht Deutschland Gefahr aus Guantánamo? 12. Juni 2010

Filed under: Aktuelle Nachrichten — Knecht Christi @ 00:35

Deutschland soll drei Guantánamo-Häftlinge aufnehmen. WELT ONLINE sprach mit ihren Anwälten.

Drei Guantánamo-Insassen sollen auf Wunsch Washingtons bald in Deutschland eine neue Heimat finden. US-Gerichte haben die Männer bereits vor Jahren freigesprochen und für unschuldig befunden. Ob sie tatsächlich nach Deutschland kommen, ist jedoch ungewiss. An Freitag wird sich der Innenausschuss des Bundestages mit dem Thema beschäftigen. Die drei möglichen Kandidaten für eine Aufnahme in die Bundesrepublik, der Syrer Mahmoud Salim Al-Ali (36) und die beiden gebürtigen Palästinenser Mohammed Taha Mattan (30) und Ayman Al-Shurafa (34), wollen nach jahrelanger Inhaftierung Guantánamo verlassen. WELT ONLINE berichtete bereits über die Biografien zweier Häftlinge.

Häftling Nr. 684, Mohammed Taha Mattan, feiert in dieser Woche ein wenig erfreuliches Jubiläum – acht Jahre Haft in Guantánamo. Der Anwalt des 30-jährigen gebürtigen Palästinensers sprach mit Welt Online, nur einen Tag nachdem er das US-Gefängnis Guantánamo auf Kuba besucht und seinen Mandanten getroffen hatte. „Es geht Herrn Mattan gut“, erklärte dessen amerikanischer Anwalt, „er hofft sehr darauf, sein Leben neu aufbauen zu können“. Derzeit befinde sich sein Mandant nicht in Einzelhaft, sondern habe Kontakt zu Mithäftlingen. Auch ein Briefwechsel mit seiner Familie sei ihm gestattet.

Über die Gespräche zwischen seinem Mandanten und der deutschen Delegation im März dürfe er nicht sprechen, so der Jurist: „Die zentrale Botschaft ist: Herr Mattan möchte nach einer langen Haft ohne Verurteilung, endlich ein friedliches Leben in Freiheit führen können“. Der Palästinenser spreche „überraschend gut Englisch“ und plane nach seiner Freilassung einen Beruf ergreifen, so der Anwalt des 30-jährigen Terrorhäftlings. „Herr Mattan stammt aus einer großen Familie, die er wieder sehen möchte. Er will einfach nur wieder frei sein“, sagt sein Anwalt. Die Wahl seines neuen Heimatlandes dürfe jedoch nicht beliebig fallen. Auf keinen Fall wolle er in ein Land entlassen werden, in dem ihm weitere Haft oder Folter drohe. Auch der juristische Repräsentant von Häftling Nr. 537, des Syrers Mahmoud Salim Al-Ali, hielt sich bezüglich der Guantánamo-Gespräche zwischen Berlin und Washington bedeckt. Im Mai begann für den 36-jährigen Häftling das neunte Jahr im US-Terrorgefängnis.

Auf Nachfrage von Welt Online berichtete der Anwalt Al-Alis, er habe den Syrer schon einige Male in Guantánamo besucht, dürfe aber keine Informationen über dessen Person oder seinen familiären Hintergrund preisgeben. „Bitte haben Sie dafür Verständnis, besonders im Hinblick auf Herrn Al-Alis Heimatland“, erklärte dessen Verteidiger. Der Fall des Aufnahme-Kandidaten Ayman Al-Shurafa erweist sich als ein besonders tragischer. Als Sohn palästinensischer Einwanderer besitzt der in Saudi-Arabien geborene Guantánamo-Häftling keine saudische Staatsbürgerschaft sondern lediglich jordanische Identitätsdokumente. Das saudische Königreich ist daher nicht gewillt, den 34-jährigen staatenlosen Palästinenser aufzunehmen. Nach Gaza, wo Verwandte Ayman Al-Shurafas einer Aufnahme zugestimmt hatte, wollen die USA weiterhin keine Ex-Terrorhäftlinge entsenden.

Endlich ein Leben in Freiheit: Die Anwälte Al-Shurafa, ließen gegenüber Welt Online verlauten, es sei ihnen nicht erlaubt, Informationen über den Stand der Aufnahme-Verhandlungen zu geben. „Alles was wir sagen können ist: Ayman Al-Shurafa ist ein toller Kerl und wir suchen nach einem neuen Zuhause für ihn“, heißt in einer E-Mail der Repräsentanten des Palästinensers. Bereits im Februar 2007 hatten die US-Ermittler Al-Shurafa für unschuldig befunden und zur Freilassung angeordnet. Bislang fand sich kein Dritt-Staat der bereit wäre, den im Dezember 2001 in Pakistan verhafteten Familienvater aufzunehmen. „Von meiner Familie getrennt zu sein, ist wie ein Todesurteil“, hatte Ayman Al-Shurafa noch im Jahr 2008 seinem damaligen Anwalt erzählt. Er habe die Wärter in Guantánamo gebeten, ihm Medikamente zu geben damit „die Tage vorübergehen ohne irgendwas davon zu fühlen“. Al-Shurafas Frau und Kind, die im saudischen Dschidda leben, könnte ihm bei einer möglichen Abschiebung nach Deutschland, nachfolgen.

In den vergangenen Jahren sind immer wieder aus Guantánamo entlassene Häftlinge zum militanten Dschihad zurückgekehrt. Einige verließen Guantánamo gar mit radikaleren Ansichten als zu Haft-Beginn, sagen Experten wie Christopher Boucek. Der Nahostexperte ist ein Spezialist in Fragen Rehabitilation von islamistischen Terroristen. Er hat das weltweit einzigartige Reha-Programm für Dschihadisten in Saudi-Arabien analysiert und ist der Ansicht, dass Guantánamo-Insassen nach ihrer Freilassung eine besondere Betreuung brauchen. Aufgrund ihrer langwierigen Haft hätten die Guantánamo-Rückkehrer mit anderen und oftmals schwierigeren Probleme zu kämpfen als gewöhnliche islamistische Häftlinge, so Boucek. „Ich würde sagen, dass sie eine andere und intensivere Betreuung nach ihrer Freilassung benötigen“, sagte Boucek.

Guantanamo-Insassen sollen nach Hamburg: Der Terrorismus-Experte weißt außerdem auf den Umstand möglicher Radikalisierung durch mögliche Misshandlung und Folter während der Haft in Guantánamo hin. „Untersuchungen zeigen deutlich“, so Boucek, „dass die Art und Weise wie jemand in der Haft behandelt, Einfluss auf sein Verhalten nach der Freilassung hat.“ Es sei nicht nur im Fall Guantánamo bekannt, dass es Fälle gebe, in denen Häftlinge das Gefängnis in ihren Ansichten radikalisiert verließen. In Saudi-Arabien versucht das Innenministerium seit Jahren, in einem speziellen Rehabilitationsprogramm islamistische Terroristen umzuerziehen. Gruppentherapien mit Religionsunterricht und psychologischer Betreuung sollen aus überzeugten Gotteskriegern ungefährliche Bürger machen. Nach offizieller Darstellung verläuft das Anti-Dschihad-Programm zu 80 Prozent erfolgreich. Laut Christopher Boucek durchliefen bislang alle 120 aus Guantánamo entlassenen saudi-arabischen Staatsbürger das Anti-Dschihad-Programm, zehn von ihnen befinden sich derzeit noch in Therapie.

Schwierigkeiten mit der Normalität:
„Von 120 Guantánamo-Rückkehrern befinden sich sechzehn erneut in Haft, acht werden polizeilich gesucht und zwei wurden getötet“, so Boucek. Im November 2008 veröffentlichten die Wissenschaftler Lauren Fletcher und Eric Stover von der University of California in Berkeley die zweijährige Studie „Der Guantánamo-Effekt“. Sie analysierten die Nachwirkungen der Guantánamo-Haft auf das Leben ehemaliger Häftlinge. Zu diesem Zweck interviewten Fletcher und Stover zwischen Juli 2007 bis Juli 2008 insgesamt 62 ehemalige Insassen des US-Gefangenenlagers aus neun Ländern.

Brutale Verhörmethoden der CIA: Der WARNGRIFF bestand darin, „die Person mit beiden Händen zu packen, eine an jeder Kragenseite, in einer kontrollierten, schnellen Bewegung“. Für den WANDWURF „wird eine biegsame falsche Wand errichtet. Die Person wird mit den Fersen an der Wand positioniert. Der Vernehmer zieht die Person zu sich heran und stößt sie dann schnell und fest in die Wand, so dass die Schulterblätter auftreffen. Kopf und Hals sind durch ein Handtuch oder Schlauch geschützt, um Schleudertrauma zu vermeiden“. Der GESICHTSGRIFF „wird benutzt, um einen Kopf unbeweglich festzuhalten. Je eine offene Handfläche kommt auf einer Wange zu liegen, die gespreizten Finger liegen weitab von den Augen des Verhörten“. Die Ohrfeige oder BELEIDIGUNGSSCHLAG geschah „mit leicht gespreizter Hand. Es kommt zu Direktkontakt auf der Fläche zwischen Kinnspitze und Ohrläppchen.“ Das Ziel sei kein bleibender physischer Schmerz, „sondern Überraschung, Schreck und Erniedrigung“. Der BAUCHSCHLAG bestand im kurzen Hieb auf die Bauchdecke mit offener Hand, aus dem Ellenbogengelenk heraus. Verboten war es, dabei Ringe oder anderes zu tragen. Medizinisches Personal überwachte die Lage. Die EINSPERRKISTE hatte zwei Varianten. „Im größeren der Behälter kann die Person stehen oder sitzen; der kleinere Behälter ist groß genug, um zu sitzen. Die Behältnisse sind dunkel. Die Einsperrzeit im großen Container kann bis zu 18 Stunden betragen, im kleineren nicht mehr als zwei“. NACKTHEIT sollte bei den Verhörten vor allem ein „Gefühl der Scham und Machtlosigkeit“ erzeugen. Wandstehen „wird angewandt, um Muskelermüdung zu erzeugen. Die Person steht 1,2 bis 1,5 Meter von einer Wand entfernt, Füße in Schulterweite auseinander, Arme ausgestreckt. Die Fingerspitzen berühren die Wand. Sie tragen das gesamte Körpergewicht. Der Person ist nicht erlaubt, sich zu bewegen“.

STRESSHALTUNGEN sollten „in eine Reihe von Varianten benutzt werden. Man hat uns gesagt, sie seien nicht dazu gedacht, Schmerzen zu erzeugen, wie sie Verdrehung oder Verzerrung mit sich bringen. Es gehe mehr um physische Unbehaglichkeit (physical discomfort) durch Muskelermüdung.“ Zwei Positionen sollten bei Abu Subaidah angewendet werden: „Sitzen mit ausgestreckten Beinen, die Arme über dem Kopf ausgestreckt; und Knien mit um 45 Grad zurückgelehntem Körper“. SCHLAFENTZUG sollte „die Fähigkeit senken, denken zu können“. Das erlaubte Maximum sollten 180 Stunden Schlafentzug sein, abgelöst von „mindestens acht Stunden Schlaf“. Nach diesen acht Stunden durfte die CIA den Schlafentzug sofort wieder aufnehmen. WASSERDUSCHE mit Schläuchen sollte „den Widerstand des Verhörten brechen“. Internierte durften mit fünf Grad kaltem Wasser bis zu zwanzig Minuten besprüht werden, bis zu 40 Minuten lang mit zehn Grad kaltem Wasser, und bis zu einer Stunde lang mit 15 Grad kühlem Wasser. Es musste sich um Trinkwasser handeln, und die Raumtemperatur durfte nicht unter zwanzig Grad fallen.

„INSEKTEN IN DER KISTE“ war die einzige Methode, die nicht im Ausbildungskurs für Special Forces trainiert wurde. Die Juristen des Justizministeriums zitierten wiederum den CIA-Anwalt: „Sie haben uns darüber informiert, dass (der mutmaßliche Al-Qaida-Terrorist) Subaidah Angst vor Insekten zu haben scheint. Sie möchten ihm gern sagen können, dass Sie planten, ihn mit einem stechenden Insekt einzusperren. Sie haben uns weiterhin mündlich erläutert, dass Sie aber nur ein harmloses Insekt wie eine Raupe mit ihm einsperren würden“. WATERBOARDING beschreiben die Regierungsjuristen so: „Der Verhörte wird auf eine schräge, zirka 1,20 mal 2,10 Meter messende Trage gebunden. Die Füße werden angehoben. Ein Tuch wird über Augen und Stirn gehalten. Dann wird kontrolliert Wasser auf das Tuch gegossen. Während des Gießens wird das Tuch langsam gesenkt, bis es Nase und Mund vollständig bedeckt. Wenn das geschehen ist und das Tuch sich vollgesogen hat, ist für zwanzig bis vierzig Sekunden die Luftzufuhr leicht behindert. Das verursacht erhöhte Kohlendioxidbildung im Blut, was zu verstärkten Atemzügen führt.“ Beides produziere die Vorstellung von „Ersticken plus Panik, also Ertrinken“.

Das Fazit der Studie ist, dass den meisten freigelassenen Terrorhäftlingen die Rückkehr in ein normales Leben nicht mehr gelingt. „Nur sechs von 62 befragten Ex-Häftlingen haben einen Job“, so heißt es in der Studie, „viele haben ihre Wohnung, ihr Geschäft und ihre Ersparnisse verloren“. Bis auf Saudi-Arabien habe kein Land einen Versuch gestartet die ehemaligen Guantánamo-Insassen wieder in die Gesellschaft zu integrieren. „Zwei Drittel der ehemaligen Häftlinge berichten von psychischen und emotionalen Traumata“, schreiben die amerikanischen Professoren, „Das Stigma „Guantánamo“ beeinflusst ihre Zukunftsperspektiven“. Viele der interviewten Häftlinge beschrieben ihre Zeit im US-Gefangenenlager als schreckliches Erlebnis. „Guantánamo war dieser große Albtraum. Ich will diese Seite meines Lebens beenden und eine neue öffnen“, wird ein Ex-Häftling zitiert.

 

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