Tombura-Yambio (kath.net/KIN/idea): Im Süden des Sudan befürchten Kirchenvertreter nach der gestrigen Bekanntgabe der Wahlergebnisse eine Welle der Gewalt. In einem Schreiben an das weltweite katholische Hilfswerk „Kirche in Not“ warnte der Bischof der südsudanesischen Diözese Tombura-Yambio, Edward Hiiboro Kussala, sogar vor einem „Völkermord“. Grund für die drohende Gewalt seien nach Angaben Kussalas Unstimmigkeiten beim Ablauf der Wahlen, die bei vielen Bevölkerungsgruppen das Gefühl geweckt hätten, übervorteilt worden zu sein. Die Verzögerung der Bekanntgabe des Wahlergebnisses und fehlende Transparenz bei der Auszählung habe diese Ängste in der Bevölkerung noch weiter geschürt. Bischof Kussala schrieb, er habe seit dem Beginn der Wahlen am 11. April beobachtet, dass „tief verwurzelte Feindschaften“ zwischen den Ethnien im Südsudan nicht wie erhofft auf eine „konstruktive und politische Art“ gelöst werden konnten. Er befürchtet nun, dass sich die Streitigkeiten deshalb erneut in Gewalt entladen und rief seine Landsleute zur Besonnenheit auf.
Aus der Wahl ist der radikal-islamische Staatspräsident Omar Al-Baschir als Sieger hervorgegangen. Bei den von Betrugsvorwürfen überschatteten Wahlen vom 11. bis 15. April hatte Baschir, wie die Wahlkommission am 26. April mitteilte, 68% der Stimmen erhalten. Die wichtigsten Oppositionskandidaten aus dem Süden des afrikanischen Landes hatten die erste Mehrparteienwahl seit 24 Jahren boykottiert. Gegen den seit 1989 regierenden Baschir hat der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag (Niederlande) einen Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Bürgerkriegsregion Darfur erlassen. Von 1983 bis 2005 herrschte im Südsudan Bürgerkrieg, der über zwei Millionen Menschen das Leben kostete. Der Konflikt wurde mit einem Friedensabkommen beendet.
Im kommenden Jahr sollen die Bewohner des Südsudans in einer Volksabstimmung über die Unabhängigkeit der Region entscheiden. Vor allem mit Blick auf die Volksabstimmung über die Unabhängigkeit des Südsudan im kommenden Januar kritisierte Bischof Kussala, dass wichtige Fragen der Wähler noch nicht ausreichend von den politischen Parteien thematisiert worden seien. Ungeklärte Fragen in Bezug auf die Unabhängigkeit seien zum Beispiel die Grenzziehung zwischen dem zukünftigen Nord- und Südsudan sowie die Aufteilung der reichen Erdölerträge
Welle der Gewalt im Südsudan befürchtet: zwischen beiden Regionen und die Regelung der Wirtschaftsbeziehungen. Der Bischof rief wegen all dieser ungelösten Fragen zum Dialog auf und betonte, dass die Wahlen trotz aller Unstimmigkeiten in Anbetracht der schwierigen Verhältnisse im Südsudan „recht gut“ umgesetzt worden seien. Er appellierte an die internationale Gemeinschaft, weiter „auf dem Weg zur Demokratie an der Seite des Sudan zu bleiben“. Er schrieb: „Lasst uns hoffen, dass die Vernunft siegen wird und dass die friedfertigen Kräfte in unserem Land in der Lage sein werden, das drohende Unheil abzuwenden“. Auch der Generalsekretär des Sudanesischen Kirchenrats, der Baptist Ramadan Chan Liol, rief dazu auf, das Ergebnis der jetzigen Präsidentschaftswahl zu akzeptieren und nach vorne zu schauen. Eine Ablehnung könne die Sicherheit gefährden und den Prozess zur Volksabstimmung zusätzlich komplizieren, sagte er der ökumenischen Nachrichtenagentur ENI. Im Kirchenrat sind Orthodoxe, Protestanten und Katholiken vertreten. Laut ENI unterstützen viele Kirchenführer die Bildung eines unabhängigen Staates im Südsudan.