Samaritan’s Purse leistet Aufbauhilfe in umkämpfter Provinz Darfur
Khartum (www.kath.net/ idea): Im Sudan sind drei Mitarbeiter eines internationalen christlichen Hilfswerks entführt worden. Zwei einheimische Männer und eine US-Amerikanerin wurden am 18. Mai von Bewaffneten etwa 40 Kilometer südwestlich von Nyala in der umkämpften Provinz Süd-Darfur verschleppt. Sie sind für das evangelikale Hilfswerk Samaritan’s Purse (Geldbeutel des Samariters) tätig, das von Franklin Graham, einem Sohn des Evangelisten Billy Graham, geleitet wird. Der Direktor hat um Fürbitte für die baldige Freilassung der Geiseln gebeten. Seit dem Jahr 2001 hat Samaritan’s Purse umgerechnet 66,6 Millionen Euro in Not- und Aufbauhilfe im Sudan investiert. Das Hilfswerk leistet medizinische Hilfe, engagiert sich im Aufbau der Wasserversorgung und landwirtschaftlichen Projekten. Insbesondere hat sich Graham verpflichtet, etwa 500 Kirchen wiederaufzubauen, die im jahrzehntelangen Bürgerkrieg im gemischt religiösen Süden des überwiegend muslimischen Landes zerstört wurden. Der Konflikt, der von 1983 bis 2005 dauerte, kostete über zwei Millionen Menschen das Leben. Er wurde mit einem Friedensabkommen beendet. Von den rund 30 Millionen Einwohnern sind 65% Muslime. Die 24% Christen und 11% Anhänger von Naturreligionen leben meist im Süden des Landes.
Christenverfolgung in Sudan
{Einwohner: 36,3 Millionen – Fläche: 2 505 813 qkm (sieben Mal größer als Deutschland) – Religion: Muslime: 70,3% – Christen: 16,7% – Animisten: 11,9% – Sonstige: 1,1%}
Am 25. November 2007 wurde die Engländerin Gillian Gibbons, eine Grundschullehrerin in Khartum, verhaftet, nachdem ein Kollege sie der Beleidigung des Propheten Mohammed bezichtigt hatte. Die Lehrerin hatte es zugelassen, dass ihre siebenjährigen Schüler einen Teddybären “Mohammed” nannten. In einem Schnellverfahren wurde sie zu fünfzehn Tagen Gefängnis verurteilt; die islamischen Behörden und islamistische Protestgruppen forderten dagegen die Höchststrafe von vierzig Peitschenhieben und sechs Monaten Gefängnis. Am 4. Dezember wurde die Frau vom Präsidenten begnadigt und des Landes verwiesen.
Muslimischer Norden, christlicher Süden: Dieser Vorfall in der Hauptstadt Khartum verdeutlicht den immer größer werdenden Abstand zwischen dem überwiegend muslimischen Norden und dem stärker christlich geprägten Süden des Landes, was die religiöse Toleranz betrifft. Nach dem mehr als zwanzigjährigen, äußerst blutigen Bürgerkrieg wurde im Januar 2005 ein umfassender Friedensvertrag geschlossen, in dem der südliche Teil des Sudan für eine sechsjährige Übergangszeit weitgehende Autonomie erhielt. Danach soll in einem Referendum über die Teilung des Sudan abgestimmt werden. Während in den zehn Regionen des Südsudan die freie Religionsausübung rechtlich garantiert ist und alle Bürger, gleich welchen Glaubens, als ebenbürtig anerkannt sind, gilt in den sechzehn nördlichen Regionen das islamische Recht der Scharia, und zwar in der Auslegung durch die National Congress Party, die größte muslimische Partei in der Regierung der Nationalen Einheit in Khartum. Diese Gesetze schreiben die Todesstrafe vor für Glaubensabtrünnige (Abwendung vom Islam, ob mit oder ohne Konversion zu einer anderen Religion) und für manche andere Verbrechen die Körperstrafe bis hin zur Amputation von Gliedmaßen. Es ist einer muslimischen Frau verboten, einen nicht-muslimischen Mann zu heiraten, Alkoholkonsum ist verboten, und es gibt weitere in der islamischen Tradition begründete Bestimmungen.
Christliche Seelsorge nur für Christen möglich: Davon wurde bisher einzig die Todesstrafe für Abtrünnige noch nicht angewendet; Muslime, die sich einer anderen Glaubensrichtung anschließen, sind jedoch sozial geächtet oder werden anderer Vergehen angeklagt. Zugleich werden auch diejenigen Personen unter Anklage gestellt, die als Verursacher der Abtrünnigkeit des Muslims angesehen werden. Folglich müssen sich missionarische Organisationen im Nordsudan und auch die christlichen Kirchen selbst in diesem Land auf seelsorgerische Aktivitäten unter den Christen beschränken und auf reine Sozialdienste an der allgemeinen Bevölkerung. Im Gegensatz dazu existiert kein Gesetz, das den Übertritt zum Islam untersagt. Die Probleme verschärfen sich noch durch die prekäre Lage, in der viele Christen im Norden leben. In Khartum leben Hunderttausende von Christen in Flüchtlingslagern, die während des Bürgerkrieges von 1983 bis 2004 aus dem Süden geflohen waren. Präsident Omar al-Bashir hat im Februar 2007 eine Kommission eingesetzt, die sich um die Reche der Nicht-Muslime in Khartum kümmern soll.
Jahrelang keine Baugenehmigung für Kirchen: Allerdings ist es bislang kaum zu Ergebnissen gekommen. Eine Ausnahme ist die Freilassung von mehr als 840 Frauen, die zusammen mit ihren 160 Kindern inhaftiert worden waren, weil sie Alkohol produziert und verkauft hatten. Dreißig Jahre lang hatte der Staat alle Anträge zum Bau von Kirchengebäuden abgelehnt. Im Juli 2005 jedoch erteilte das Ministerium für Stadtplanung und Öffentliches Eigentum des Bundesstaates Khartum dann endlich Baugenehmigungen für drei Kirchen im Außenbezirk der Hauptstadt. Zwischenzeitlich ohne Baugenehmigung errichtete Kirchen mussten zum Teil wieder abgerissen werden. Entgegen den Erwartungen der sudanesischen Kirchen hat die südsudanesische Regierung bisher nichts von dem durch frühere Regierungen im Süden beschlagnahmten Kirchenbesitz an die rechtmäßigen Eigentümer zurückerstattet. Im Norden setzen die Regierung der Nationalen Einheit und die örtlichen Behörden die Kirchen unter Druck, um diese dazu zu bewegen, ihre bereits aus der Kolonialzeit stammenden Einrichtungen im Zentrum von Khartum aufzugeben; zugleich verweigern sie die Genehmigung von Bauten auf Grundstücken, die sich bereits im Besitz der Kirchen befinden, und bieten ihnen stattdessen an, ihnen dieses Land abzukaufen – eine Quelle lukrativer Grundstücksspekulation für die Behörden und örtliche Unternehmen.
2007: Das US-Außenministerium hat in seinem jährlichen Bericht zur weltweiten Religionsfreiheit die Regierung in Khartum kritisiert. Der Bericht stellt fest, dass Christen im Norden des Sudan sich wiederholt über Diskriminierungen in Ausbildung und Beruf beklagt haben.
Januar 2007: Am 1. Januar 2007 griffen Polizisten ein Gotteshaus der Episcopal Church in der Diözese Khartum mit Tränengas an, während darin 800 Menschen zu einem Nachtgebet zum Neujahrstag versammelt waren, darunter Vizepräsident Abel Alier. Sechs Menschen erlitten Verletzungen, und es entstand Sachschaden in Höhe von 7.000 Dollar. Keiner der beteiligten Polizisten wurde für diesen Angriff zur Rechenschaft gezogen.
Januar 2007: Weihbischof Daniel Adwok Kur aus Khartum klagte die nordsudanesische egierung sn, sie “spiele” mit dem Volk. Sie stehe nicht zu dem Friedensvertrag, den sie vor zwei Jahren mit südsudanesischen Führern geschlossen habe. Sie habe bislang auch nichts unternommen, um den Binnenflüchtlingen – viele von ihnen sind Christen – bei ihrer Rückkehr in den Süden zu helfen. Die Behandlung der Nicht-Muslime in der Region um Khartum durch die Regierung sei sehr unzureichend. Allerdings lobte der Weihbischof die Behörden in Khartum, dass sie – zum ersten Mal seit dreißig Jahren – der katholischen Kirche wieder die Erlaubnis zur Errichtung von drei Kirchen gegeben habe.
Mai 2007: Im Gespräch mit KIRCHE IN NOT teilte Weihbischof Daniel Adwok Kur aus Khartum seine Einschätzung mit, die sudanesische Regierung benutze den Darfur-Konflikt gleichsam wie eine Nebelwand, um ungestört die Ausbreitung des Islam im bislang mehrheitlich christlichen Süden des Sudan fördern zu können. Die Zentralregierung in Khartum arbeite mit Organisationen aus dem Nahen Osten zusammen, die den Bau von Moscheen, Schulen und Krankenhäusern fördern würden, mit dem speziellen Ziel der Islamisierung. Erneut zweifelte der Weihbischof an der Ernsthaftigkeit, mit der die Regierung zum Friedensvertrag und zur Religionsfreiheit stehe. „Die Regierung verfolgt einerseits ganz offensichtlich das Ziel der Islamisierung des Sudan; und zur gleichen Zeit betont sie die Bedeutung des Friedensvertrages“.
September 2007: Am 27. September 2007 sprengte sich ein Mann, der die Uniform der SPLA trug, während eines Freiluft-Gottesdienstes bei einer Baptistenkirche in der Stadt Khorfulus im Bundesstaat A’ali Al-Nil (Upper Nile) in die Luft. Dabei wurden sechs kleine Kinder getötet und fünf weitere verletzt.
Mai 2008: Mitte Mai 2008 brachen in der Grenzregion zwischen dem Norden und der autonomen Südregion des Sudan schwere Kämpfe aus. In der Region Abyei kämpften Truppen der nordsudanesischen Armee gegen Soldaten der Sudan People’s Liberation Army (SPLA). Die Nordsudanesen eroberten die Stadt Abyei und zerstörten sie weitgehend. In der Region, die noch zum Norden Sudans zählt, leben sowohl arabischstämmige Nordsudanesen als auch Schwarzafrikaner, die sich selbst als Südsudanesen betrachten. Es kommt noch der Umstand hinzu, dass in der betreffenden Region große Teile der sudanesischen Erdölvorkommen lagern. Die Kämpfe lösten eine Massenflucht aus, von mehr als 90.000 Flüchtlingen war die Rede. Dieser schwere Konflikt zeigte noch einmal in aller Deutlichkeit, wie brüchig das Nord-Süd-Friedensabkommen vom Januar 2005 ist.