Am 9. März 2010 hat ein ägyptisches Verwaltungsgericht in Giza entschieden, dem christlichen Konvertiten „Maher Elgohary“ seinen Pass nicht wieder auszuhändigen. Er hatte beantragt, die obligatorische Nennung der Religionszugehörigkeit in seinem Ausweis von „Muslim“ in „Christ“ zu ändern. Dieses Ansinnen wurde abgelehnt. Nach dem Erlass mehrerer Fatwas gegen ihn und der Brandmarkung als „Apostat“ wollte er gemeinsam mit seiner 15-jährigen Tochter Ägypten verlassen, um in Sicherheit zu kommen. Die dazu notwendige Rückgabe seines Passes hat das Gericht nun abgelehnt. Elgohary sagte, er sei am Boden zerstört. „Ich werde bedroht, mein Leben wird bedroht, das Leben meiner Tochter wird regelmäßig bedroht, in Ägypten fühle ich mich nicht mehr sicher“, sagte er der Nachrichtenagentur Compass Direct. Wie sein Anwalt Nabil Ghobrial mitteilte, hat das Gericht für seine Entscheidung keine Gründe angegeben.
Ägypten soll sich an internationale Konventionen halten: Das überkonfessionelle christliche Hilfswerk Open Doors fordert Ägypten dazu auf, Herrn Elgohary seinen Pass unverzüglich wieder auszuhändigen und bittet deutsche Politiker wie auch die deutsche Regierung, alle Anstrengungen zu unternehmen, damit er seinen Ausweis zurückerhält. Anlässlich dieses Urteils weist Open Doors Ägypten und alle anderen Staaten, die weiterhin am Erfordernis der Nennung der Religionszugehörigkeit in Ausweispapieren festhalten, darauf hin, dass dieses Erfordernis nicht im Einklang mit internationalen Vorgaben steht und fordert daher zu deren Abschaffung auf. Diese Forderung entspricht den Forderungen im Bereich des internationalen Menschenrechtsschutzes. Dies zeigt etwa die Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen zur Glaubens- und Religionsfreiheit, Frau Asma Jahangir, welche in ihren Berichten regelmäßig eine Abschaffung des Zwangs aufgrund der leicht möglichen Diskriminierung verlangt (zuletzt anlässlich von Fällen im Irak, in Malaysia und auf den Malediven sowie in ihrem Zwischenbericht vom 21. Dezember 2009). Auch die Generalversammlung der Vereinten Nationen hat zuletzt in ihrer Resolution A/RES/63/181 vom 16. März 2009 unter Punkt 9e gefordert, dass niemand durch die Nennung der Religionsangehörigkeit in Ausweispapieren dazu gezwungen werden darf, seine Religion zu offenbaren. In Ägypten ist der Islam die Staatsreligion. Die ägyptischen Christen genießen zwar eine eingeschränkte Religionsfreiheit, jedoch keine Missionsfreiheit. Sie werden vielfach wie Bürger zweiter Klasse behandelt.
Kein Religionswechsel für Muslime: Obwohl das ägyptische Recht den Übertritt vom Islam zum Christentum nicht verbietet, ist kein Rechtsmittel für eine offizielle Anerkennung vorgesehen. In Ägypten kann ein Christ zum Islam konvertieren. Muslime jedoch, die Christen geworden sind, haben keine rechtliche Möglichkeit, den Religionseintrag in ihren Ausweisen von „Muslim“ auf „Christ“ ändern zu lassen. Grund hierfür ist die Schariaa (das islamische Recht). Viele muslimische Gelehrte leiten daraus ab, dass das Verlassen des Islam ein todeswürdiges Verbrechen ist. Nach Artikel 2 der ägyptischen Verfassung ist die Schariaa die Grundlage des Gesetzbuches. Zwar ist der Religionsübertritt in Ägypten nicht ausdrücklich verboten, doch Muslime, die zum Christentum konvertierten, sind oft zu einem Doppelleben gezwungen. Um Verfolgung durch ihre Verwandtschaft und die Polizei zu vermeiden, verbergen sie ihren Glauben. Muslime, die zum Christentum übertreten, gelten als Abtrünnige und leiden unter heftiger Verfolgung, von allgemeiner gesellschaftlicher Diskriminierung über Verhaftung bis hin zu Folter.
Entführungen von Christen: Es gibt Berichte über Zwangsbekehrungen christlicher Mädchen durch Entführung und Vergewaltigung. Werden ausländische Christen während eines Besuchs im Land für ihren Glauben aktiv, müssen sie mit Schikanen, Verhaftung und Ausweisung rechnen. Beziehungen zwischen Muslimen und Christen, die in Ägypten bei beiden Religionsgemeinschaften ein Tabuthema sind, haben in den letzten Jahren oft Spannungen ausgelöst. Kopten bestätigen, dass junge Christinnen regelmäßig entführt und gezwungen werden, zum Islam überzutreten, was oft schwer nachzuweisen ist. Kritiker sagen dagegen, die Frauen würden möglicherweise freiwillig gehen, um der Armut und einer schlechten Familiensituation zu entrinnen. Andererseits diskriminiert das ägyptische Recht Nichtmuslime: Christen dürfen offiziell keine Muslimin heiraten (während Muslime Christinnen heiraten dürfen). Es gibt keine Rechtsvorschrift für einen Übertritt vom Islam zu einer anderen Religion.
Kirchen Ziel von Anschlägen: In den letzten Jahren ist auch die orthodoxe Kirche zur Zielscheibe von Verfolgungen geworden, u. a. in Form von Ermordungen durch radikale Islamisten und Erpressung von „Schutzgeldern“. Genehmigungen für den Bau und die Instandsetzung von Kirchengebäuden werden von den regionalen Behörden kaum erteilt. Die wirtschaftliche Misere verschärft die Lage der Kirche noch. Ein christlicher Mitarbeiter berichtet: „Die Situation, die ich um mich herum erlebe, betrübt mich oft sehr. In meiner Stadt, die früher vollständig christlich war, wechselt das Bild täglich. Die meisten Bewohner sind jetzt Muslime. Viele Christen sind ausgewandert oder in größere Städte in unserem Land gezogen; die verbliebenen Christen leben oft in Armut“.