Sarajewo: Die Bedingungen der Christen Sarajewos werden immer schwieriger. Sie bilden nur mehr eine verschwindend kleine Minderheit, wie Kardinal Vinko Puljic, seit 1990 Erzbischof in der bosnischen Hauptstadt, in einem Buch des italienischen Historikers Roberto Morozzo della Rocca berichtet. „Vor dem Krieg gab es 60.000 Katholiken in Sarajewo, heute sind es gerade noch 13.000. Es fand eine ethnisch-religiöse Säuberung statt“, so Kardinal Puljic. „Die Islamisierung entmutigt die Katholiken, die zurückweichen und auswandern“, so der Purpurträger. Die Situation gilt mehr oder wenig für ganz Bosnien-Herzegowina. Vor dem Krieg von 1992-1995 lebten 860.000 Katholiken im Balkanstaat. Heute sind es nur noch 420.000. Der Katholikenanteil an der Gesamtbevölkerung sank von 17% auf 9%. „Die Katholiken wandern nach Deutschland und in die Vereinigten Staaten von Amerika aus“, erklärt Morozzo della Rocca.
Sarajewo sei das Aushängeschild der Multiethnizität, des Multikulturalismus und der Multikonfessionalität gewesen. „Heute kann die Sarajewo nicht mehr als „pluralistische Stadt“ bezeichnet werden, so der Historiker. Fast 90% der Stadtbevölkerung sind Moslems unter denen es nur noch „kleine katholisch, orthodoxe und jüdische Gemeinschaften gibt, der Rest sind Atheisten“, so Kardinal Puljic, der auch Vorsitzender der katholischen Bischofskonferenz von Bosnien-Herzegowina ist. „Den ausländischen Besucher und der internationalen Gemeinschaft erzählt man: „Wir sind offen für das Zusammenleben“. Doch in Wirklichkeit gibt es keinen Platz für das Zusammenleben, vor allem in den Bereichen Arbeit, Verwaltung und Information. Es befindet sich alles in einer einzigen Hand“, so der Erzbischof von Sarajewo mit Blick auf die erdrückende muslimische Mehrheit. (more…)